Früher, in jenen Zeiten, die wir lange als normal betrachteten, galt die Benutzung von Sagrotanfläschchen im Freundes- und Kollegenkreis als etwas schräg bis skurril. Fortgeschrittene Hypochondrie war noch die freundlichste Diagnose. Eine Marotte war das in den Augen der anderen, da half es auch nichts, auf überdurchschnittlich viele Sozialkontakte hinzuweisen oder die Liebe zum Reisen oder die Angst vor Erkältungen.
Der harte Entzug kam mit dem Moment der Erkenntnis, dass die früher oft so verlachten Dinger plötzlich gehamstert und knapp wurden. Und das in einem Moment, wo man länger nicht daran gedacht hatte, Nachschub zu kaufen. Ausgerechnet in Zeiten, wo es ernst wird, ohne die treuen Begleiter der guten Jahre unterwegs sein? Schrecklicher Gedanke. Dann überschlugen sich noch die Nachrichten, dass auf Monate hinaus an Desinfektionsfläschchen nicht zu denken sei. Eher werde es wieder Toilettenpapier im Überfluss geben.
Wie Quengelware
Wenn man sich mit allem abgefunden hat, naht oft die Rettung. Eigentlich lagen nur Shampoo und Handcreme im Körbchen, als der rasche Einkauf eine willkommene Pause vom Homeoffice war. Sogar Küchenrollen stapelten die Verkäuferinnen im Drogeriemarkt. Steht der Weltuntergang doch noch nicht unmittelbar bevor?
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Und was war das an der Kasse, platziert wie Quengelware: Sagrotanfläschchen! Ganz die alten. Eigentlich braucht man als normaler Mensch gerade ja keine, weil man weder verreist noch Hände schüttelt. Und das Mindesthaltbarkeitsdatum ist ja auch sehr begrenzt. Aber sie lagen da so irre verführerisch und riefen lächelnd: „Nimm zwei!“.
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