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Berlin: Formel 1 in den Wolken

Am Flughafen Tempelhof starten elf Piloten am 27. Mai zu einem halsbrecherischen Rennen

Für Klaus Schrodt wird es ein Heimspiel. Der 59-jährige, pensionierte Lufthansa-Flugkapitän ist Weltmeister im Freistil-Kunstflug, einer der besten Piloten der Welt. Schrodt hat darum beste Chancen auf einen Sieg, wenn er am 27. Mai zur fliegenden Formel 1 über dem Flughafen Tempelhof aufsteigt. Mindestens 300 000 Besucher werden zum ersten Red Bull Air Race in Deutschland erwartet. Der Eintritt ist frei.

Schon als Kind hat Schrodt im heimischen Südhessen Modellflugzeuge gebaut. Das Geld für die erste Pilotenlizenz verdiente er sich neben der Schule als Hilfsarbeiter im Straßenbau. Mit 27 wurde Schrodt Flugkapitän bei der Lufthansa. An seinen ersten Berlinflug nach der Vereinigung erinnert er sich genau. Die Controller erteilten ihm eine Sichtanflug-Freigabe „via Alex“, und er hatte keine Ahnung, was damit gemeint war.

Nebenher arbeitete Schrodt als Buschpilot für eine Mini-Airline in Zaire. Während der Unruhen am Kongo flog er die letzten Europäer aus und landete mit einer zweimotorigen „Dakota“ schließlich in Deutschland. So brachte Schrodt 1992 den ersten „Rosinenbomber“ für Nostalgie-Rundflüge nach Berlin – und verliebte sich in den Zentralflughafen Tempelhof. Wenig später zog er nach Berlin.

Auch auf dem Wasser kennt sich Schrodt aus, den Atlantik hat er mehrfach im Segelboot überquert. Den Kunstflug entdeckte er 1987, kaufte einen Doppeldecker. Zwei Jahre später flog er in der Spitzenklasse „Unlimited“. Kein anderer deutscher Aerobatic-Pilot hat bei internationalen Wettbewerben in den letzten Jahren bessere Plätze belegt als der mehrfache Welt-, Europa- und Landesmeister.

Ähnlich wie bei der Formel 1 der Autorennfahrer messen sich beim Red Bull Air Race die besten Kunstflieger – elf in diesem Jahr – auf einer Welttournee. Zehn Rennen gibt es, vom arabischen Abu Dhabi im März bis zum australischen Perth im November. Die Piloten müssen dabei in zwei Durchgängen einen Parcours durchfliegen, der in Tempelhof zwischen den Landebahnen eine Gesamtlänge von 7450 Metern haben wird. Dafür brauchen die Teilnehmer bei Geschwindigkeiten von bis zu 400 Stundenkilometern rund 85 Sekunden. Die Belastung liegt in engen Kurven beim bis zu zwölffachen Körpergewicht. Für Fehler gibt es Strafsekunden. Sieger ist, wer die meisten Punkte erreicht.

Für das Air Race gelten vergleichbare Sicherheitsbestimmungen wie für die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung in Schönefeld, betont Flughafenchef Dieter Johannsen-Roth. Geflogen wird nur über dem freien Airportgelände – und zu keinem Zeitpunkt über den Köpfen des Publikums. Auch auf die Zuschauer zufliegen dürfen die Piloten nicht.

„Es ist kein Zufall, dass wir jetzt nach Berlin kommen“, sagt Air-Race-Geschäftsführer Bernd Loidl. Trotz der Schließungspläne für Tempelhof wird an eine Wiederholung im nächsten Jahr gedacht. Flughafenchef Johannsen-Roth hat Interesse an einer „zukünftigen“ Zusammenarbeit. Mitbewerber sind Städte wie Rio de Janeiro und Toronto. Schließlich sahen 1,5 Milliarden Fernsehzuschauer in 31 Ländern die sieben Rennen 2005.

Rainer W. During

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