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Berlin: Forscher an der Spree

Innerhalb eines Jahres soll ein Berlin-Konzept für die nächsten zwei Jahrzehnten entstehen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wie sieht Berlin 2030 aus? Gibt es genug Wohnungen und städtisches Grün? Bestimmt der Autoverkehr die Stadt, oder steigen die Menschen auf Bus, Bahn und Fahrräder um? Setzt sich der Aufschwung von Wissenschaft und Forschung fort, gelingt es Berlin endlich, wirtschaftlich und finanziell stark zu werden? Sinkt die Arbeitslosigkeit? Haben wir genügend Kitas und Schulen? Fragen über Fragen. Innerhalb von zwölf Monaten will der Senat ein Konzept für die Entwicklung Berlins in den nächsten zwei Jahrzehnten entwerfen.

Das geht nur mit Beteiligung von Fachleuten und Bürgern, und so wird der Tagesspiegel das Projekt, das am Freitag mit einem Workshop startet, als Medienpartner begleiten. Federführend in der Landesregierung ist Stadtentwicklungssenator Michael Müller (siehe Interview). Über das wachsende Berlin wurde auch am Montag in einer Senatsklausur gesprochen. Laut amtlicher Bevölkerungsprognose wird die Einwohnerzahl Berlins bis 2030 um 250 000 Menschen steigen. Um die Stadt darauf einzustellen, muss öffentliches Geld in die Hand genommen werden. Weil Berlin knapp dran ist, wird sich der Senat auf dringende Projekte konzentrieren müssen. Finanzsenator Ulrich Nußbaum, aber auch die Haushaltsexperten der Regierungsfraktionen SPD und CDU sind jedenfalls entschlossen, neuen Begehrlichkeiten Einhalt zu gebieten.

Wie ist die Ausgangsposition mit dem Blick auf 2030? Als Hauptstadt habe Berlin eine herausgehobene Stellung, stehe aber wirtschaftlich in harter Konkurrenz zu anderen Metropolregionen, sagt der Statusbericht der Stadtentwicklungsbehörde. In Deutschland sind das vor allem Hamburg, München, Frankfurt am Main und Düsseldorf/Köln/Bonn. Andererseits ist Berlin attraktiv für Wissenschaftler und Forscher und entwickelt sich zum bedeutenden europäischen Verkehrsknotenpunkt in der Luft, auf Schienen und Straßen. Der Städte- und Kongresstourismus in Berlin blüht.

Aber es ist ein Unterschied, ob man übers Wochenende Berlin genießt oder dauerhaft hier lebt. Wenn die Bevölkerung kräftig wächst und nicht nur junge Erwachsene, sondern auch stadthungrige Rentner bevorzugt zuwandern, müssen jedes Jahr tausende Wohnungen gebaut werden, die bezahlbar sind. Ein dazu passendes Förderkonzept des Senats für den Wohnungsbau ist aber nicht in Sicht. Als Herausforderung gilt auch die Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit. Stellvertretend für viele Problemquartiere werden im Statusbericht die nördlichen Teile von Kreuzberg, Neukölln und Marzahn-Hellersdorf genannt. In Berlin leben besonders viele Arbeitslose über 50 Jahre, Menschen ohne Berufsausbildung und Hartz-IV-Empfänger. Auch das soll sich ändern, unter anderem durch die Zuwanderung von Kreativen, Facharbeitern, hochqualifizierten Akademikern und Unternehmern.

Die größten Flächenpotenziale für eine starke Wirtschaft sieht der Senat in Tegel, Charlottenburg, Adlershof, Buch und am BER. Aber das größte Vermögen Berlins sind die Kinder, deren Zahl bis 2030 um 60 000 zunehmen wird. Für deren Betreuung und Bildung muss gesorgt werden. Ulrich Zawatka-Gerlach

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