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Neue Platte, neue Kaufhalle, neue Sträucher. Wird schon alles wachsen, oder?

© Andreas Klaer

Fotoausstellung in Potsdam: Konsum und Genossen: Shopping in der DDR

Eine Fotoausstellung in Potsdam widmet sich dem Einkaufen zu DDR-Zeiten. Alte Aufnahmen lassen den Alltag in Dorfläden und Betriebskantinen aufleben.

Woran erkennt man einen ehemaligen DDR-Bürger? Dass er das Wort „Konsum“ auf der ersten Silbe betont. Dass das immer noch so ist und zu Recht, zeigte sich Dienstagabend bei der Ausstellungseröffnung „Kollektivverpflegung. Die Konsumgenossenschaften in der DDR“, die bis zum Sommer 2016 in den Räumen des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) zu sehen ist.

Etwa 60 Bilder dokumentieren, wie die Versorgung der DDR-Bürger über die Konsumgenossenschaften ablief. Dabei geht es nicht nur um Lebensmittel, wie der Titel nahelegt, sondern um die ganze Bandbreite an Produkten, die von den genossenschaftlichen Betrieben hergestellt und vertrieben wurden. Es geht um die Verkaufskultur, vom kleinen Lebensmittelladen bis zum Kaufhaus, es geht um Gastronomie in Betriebskantine, Dorfkneipe oder Vorzeigerestaurants. Weil in der DDR etwa 30 000 Geschäfte, 6000 Gaststätten und 60 Produktionsbetriebe der Konsumgenossenschaft angehörten, war die Marke „Konsum“ entsprechend präsent: Etwa ein Drittel des Einzelhandelsumsatzes wurde hier verbucht.

Dabei waren Genossenschaften keine Erfindung der DDR. In Deutschland gründeten sich um 1850 die ersten genossenschaftlichen Handelsbetriebe, Vorreiter war Großbritannien. Es ging darum, die Arbeiterbevölkerung mit Produkten zu versorgen, die bei fairen Preisen eine verlässliche Qualität boten. Wer dort kaufte, musste Mitglied sein und bar zahlen. Anschreiben lassen und dadurch in eine Abhängigkeit vom Händler zu gelangen, das gab es hier nicht. Dafür gab es für jeden Einkauf Rabattmarken und am Jahresende eine kleine Umsatzbeteiligung.

Hübscher Rückblick auf die DDR-Geschichte

So funktionierte das auch noch in der DDR, nachdem die russischen Besatzer 1949 den Konsum wieder zugelassen hatten. Mancher Ausstellungsbesucher wird sich noch gut an das Markenkleben erinnern, was oft den Kindern vorbehalten war. In Westdeutschland wurde aus Konsum die Coop-Genossenschaft, weshalb sich das Wort „Konsum“ mit dieser spezifischen Betonung und Bedeutung nur im Osten gehalten hat.

Alltagsszenen in der DDR.
Alltagsszenen in der DDR.

© PNN

Die Fotos aus dem Archiv des Zentralkonsums zu genossenschaftlichem Produktionsalltag und Einkaufsszenen sind auch ein hübscher Rückblick auf DDR-Geschichte. Der ostsozialisierte Ausstellungsbesucher wird vieles wiedererkennen wie die Landkaufhäuser: Typenbauten, wie es sie allerorten gab, mit ihrem Warengemisch aus Kaffeekannen, Schulheften, Unterwäsche, Reisekoffern und Gartengerät. Es bedienen adrett in weiße Kittel gekleidete Frauen, in den 1950er-Jahren noch mit weißen Häubchen.

Erster Kaufhaus-Neubau in Sachsen-Anhalt - 1969

1969 entstand in Köthen in Sachsen-Anhalt der erste Kaufhaus-Neubau. Auch in den Betrieben wurde fotografiert: Man sieht „Ringpinselherstellung“ und „Besenversand“ in der Konsum-Bürstenfabrik und „Nudeltrocknung“ in Riesa. In blaugrauen Einheitskleidchen sitzen zwei junge Damen am Schreibtisch und entwerfen bunte Werbeplakate für Textilien aus Wildau, eine Arbeitsbesprechung im Seifenwerk zeigt ein motiviertes Team über wichtigen Unterlagen, hinter ihnen ein Apothekerschrank voller Flakons. Und in Tangermünde werden in Handarbeit Pralinen verziert.

Alltagsszenen in der DDR.
Alltagsszenen in der DDR.

© PNN

Die schöne Welt der sozialistischen Produktion zeigt sauberes, fröhliches Arbeiten. In der Pause gibt’s dann tatsächlich „Kollektivverpflegung“ von dreigeteiltem Plastikgeschirr, wie es DDR-weit üblich war. Wer damit groß geworden ist, erkennt sogar das Menü auf dem Foto: Bratwurst, Sauerkraut und Salzkartoffeln.

Zur weiteren Versorgung der Bevölkerung wurden, vor allem bei großen Veranstaltungen, Imbissbuden bereitgestellt. Ob es in den Hütten immer das gab, was die Piktogramme im besten 1970er-Jahre-Design versprachen, zeigt das Foto freilich nicht. Zur Ausstellungseröffnung wurde übrigens Wert auf eine möglichst authentische Kollektivverpflegung gelegt: Es gab Soljanka und Brötchen. Mehr Osten, so sagte Helen Thien vom ZZF, sei nicht zu bekommen gewesen. Steffi Pyanoe

Das Zentrum für Zeithistorische Forschung, Am Neuen Markt 9 d, ist Montag bis Donnerstag von 10 bis 17 Uhr, Freitag bis 15 Uhr geöffnet.

Steffi Pyanoe

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