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Kolossal! Kaiser Wilhelm II. besichtigt seine Auftragsarbeit „Die Schlacht bei Zorndorf“ im Schloss Monbijou. Dort hat er seinem Hofmaler Adalbert von Kossak ein Atelier eingerichtet.

© Berliner Leben

Fraktur! Berlin-Bilder aus der Kaiserzeit: Der polnische Hofmaler

Monumentale Panoramabilder machen Adalbert von Kossak bekannt, bevor er Kaiser Wilhelm II. als Auftraggeber und Vertrauten für sich gewinnt. Doch die Künstlerfreundschaft zerbricht an patriotischen Gefühlen.

Seine Majestät ist ein eifriger Besucher in den Ateliers der Künstler. Der Kaiser "verfolgt mit theilnahmsvollem Interesse das Werden und Wachsen der Kunstwerke, die er nicht nur bestellt hat, sondern zu denen meist auch die Idee seinem Geiste entsprossen ist", belehrt uns das "Berliner Leben", die Zeitschrift "für Schönheit und Kunst" im März 1899. "Er ist nicht blos der hohe Mäcen, er ist der eifrige Freund und Förderer künstlerischen Schaffens, weil er selbst künstlerisch denkt und empfindet und in seinen Mußestunden als ausübender Künstler thätig ist." Und der "Kaiser will die Kunst auch zu einem erziehlichen Moment im Volksleben machen, damit sie das fördere, was seinem Geist am höchsten ist: die Liebe zum Vaterlande."

Wir sehen Wilhelm II. mit blitzender Pickelhaube, in den Mantel gehüllt, zu Besuch bei seinem Hofmaler Adalbert von Kossak im Schloss Monbijou. Der Kaiser hat dem Maler dort eigens ein Atelier für seine neueste Auftragsarbeit eingerichtet: ein kolossales Gemälde der Schlacht bei Zorndorf. In dieser verlustreichen Schlacht des Siebenjährigen Krieges errangen preußische Truppen 1758 einen Überraschungssieg über ihre russischen Gegner, und das pikanterweise, weil sich Kavalleriegeneral Friedrich Wilhelm von Seydlitz mit seiner Taktik über den Befehl König Friedrich II. hinwegsetzte. Generalsfreiheit statt Kadavergehorsam.

Zur Begutachtung des Werkes wird Seine Majestät begleitet vom russischen Botschafter Nikolai von der Osten-Sacken und dem kaiserlichen Flügeladjutanten Oberst August Mackensen sowie von den beiden Herren, die vor dem Gemälde stehen: Oberstallmeister Graf Wedel und von diesem verdeckt der große, aber physisch recht kleine Maler Adolf Menzel.

Ritter von Kossak freut sich: "Der Kaiser zahlt großzügig."

Adalbert von Kossak, links vom Kaiser stehend, heißt eigentlich Wojciech Kossak. Aber als Hofmaler trägt sich ein deutscher Name bequemer. Als Sohn des polnischen Malers Juliuzs Kossak 1857 in Paris geboren, malt Wojciech schon als Gymnasiast begeistert Pferde- und Reiterbilder. Bekannt wird er durch monumentale Rundgemälde. Mit dem kaiserlichen Auftrag für das begehbare Panorama "Die Überquerung der Beresina durch die Truppen Napoleons" beginnt 1895 eine Künstlerfreundschaft. Kossak sei ein "lieber und schneidiger Kerl und ein genialer Maler", findet Wilhelm. Der so Gelobte denkt profaner über seinen Mäzen: "Der Kaiser zahlt großzügig und schnell." Bald ist Adalbert von Kossak zum Ritter geehrt und zum Abendessen ins Stadtschloss eingeladen – ein diner à trois mit Kaiser und Kaiserin, anschließend plaudern der Hausherr und sein Hofmaler über "Likören, riesigen Gläsern bayerischen Bieres, Zigarren und Zigaretten" über die Kunst und das Leben.

Doch der Männerbund bricht, nachdem Wilhelm 1902 auf der Marienburg der Deutschordensritter der polnischen Nationalbewegung den Kampf ansagt. Die polnische Presse tobt – und nimmt Kossak ins Visier, dem sie seine Verbundenheit zum Preußenfürsten schon lange übel nimmt. Der Maler beugt sich dem Druck. Er kehrt dem Hof den Rücken und zieht sich ins heimische Krakau zurück.

Fortan verlegt sich Ritter Wojciech auf polnisch-patriotische Motive mit germanophoben Zügen. Trotzdem klopft noch einmal ein deutscher Kunstinteressent an seine Tür. Hans Frank, Hitlers Generalgouverneur im besetzten Polen, bittet den Malerfürsten darum, ihn zu porträtieren. Der über 80-Jährige lehnt ab. Er male aus Altersgründen nicht mehr, belügt er den Nazi-Funktionär. 1942 stirbt Wojciech Kossak in Krakau eines natürlichen Todes.

Alle Beiträge unserer Serie mit Berlin-Bildern aus der Kaiserzeit lesen Sie unter: www.tagesspiegel.de/fraktur

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