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Airbags retten Leben: Zwei frontale und zwei seitliche sind heute in den meisten Autos Standard.

© picture alliance / dpa

Frankfurter Allee in Berlin-Friedrichshain: Erst explodierte ein Böller, dann löste der Airbag aus

Die Explosion eines Böllers soll in Friedrichshain den Airbag eines Autos ausgelöst haben. Unfallexperten können das kaum glauben. Die Polizei glaubt, dass ein verbotener Böller gezündet worden ist - wo auch immer er herkam.

So eine Geschichte haben sie noch nie gehört – weder im Polizeipräsidium in Tempelhof noch in der Zentrale der Dekra.

Die Geschichte geht so: In der Nacht zum Freitag rollt eine Frau, 43, mit ihrem Auto durch die Frankfurter Alle in Friedrichshain. Es ist dunkel, 22.30 Uhr. Die Frau sieht auf dem Mittelstreifen nahe der Silvio-Meier-Straße ein paar Menschen stehen, daneben brennt eine Feuerwerksfontäne. Plötzlich knallt es gewaltig. Dreck und Erdklumpen werden durch die Luft geschleudert – und im Wagen der 43-Jährigen explodiert in Millisekunden der Airbag. Die Frau kann das Lenkrad festhalten und tritt auf die Bremse.

Was, bitte schön, war das?

In elf Tagen ist Silvester. Böller gibt es noch nicht zu kaufen, zumindest keine legalen. Und trotzdem knallt es immer wieder, immer lauter. Die Sicherheitsbehörden können viele Geschichten erzählen: von illegalen, auch selbst gebastelte Böllern, die Menschen Finger abgerissen, Scheiben und Telefonzellen gesprengt haben. Aber die Geschichte von einem Seitenairbag, der sich aufbläst, weil ein Böller so heftig explodiert, kennen sie nicht.

"Nach unserer bisherigen Erfahrung hätte ich gesagt: So etwas ist nicht möglich", sagt David Kreß, Unfalltester bei der Dekra. "Ich höre das zum ersten Mal. Mit herkömmlichen Böllern geht das jedenfalls nicht." Vielleicht war der Airbag kaputt: Seit zwei Tagen ruft Honda hunderttausende Fahrzeuge zurück, weil mangelhaft verarbeitete Airbags des Zulieferers Takata verbaut wurden. Die 43-Jährige saß aber nicht in einem Honda, sondern in einem Skoda Octavia.

Die Seitenairbags werden durch eine Kombination von Druck- und Geschwindigkeitssensoren ausgelöst. Die empfindliche Sensorik registriert Sekundenbruchteile vor dem Aufprall einen Druckanstieg im Türbereich und leitet die Daten an eine Steuereinheit weiter. Überschreiten die übermittelten Werte eine festgelegte Grenze, werden die Airbags in den Sitzlehnen in Millisekunden durch eine kontrollierte Explosion mit Gas gefüllt. "Ein Körper muss mit hoher Geschwindigkeit auf das Auto prallen, sonst passiert gar nichts", sagt Markus Liersch, Sprecher für Tests und Technik bei Skoda. Er tippt auf eine Rakete, die mit voller Wucht gegen den Wagen knallte – oder auf ein Metallstück, dass aufgewirbelt und gegen den Skoda geschleudert wurde. Nach Angaben der Polizei war am Wagen allerdings kein Blechschaden zu sehen.

Das Erstaunen ist groß, egal wo man sich umhört. Auch Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer kann sich nicht vorstellen, dass die Seitenairbags allein wegen einer Druckwelle auslösten. "Ich halte das zwar theoretisch für denkbar, aber ausgesprochen unwahrscheinlich", sagt er. Auf keinen Fall könnten in Deutschland zugelassene Böller solche Wucht entfalten, sagt Brockmann: "Bei einem halben Sprengstoffanschlag sieht das natürlich anders aus." Brockmann zufolge muss das Fahrzeug massiv erschüttert worden sein – aber auch er sagt: "Wenn am Wagen kein Schaden entsteht, dann löst normalerweise auch der Airbag nicht aus."

Die Polizei glaubt, dass ein verbotener Böller gezündet worden ist - wo auch immer er herkam. "Wir wissen nicht, ob es ein illegaler Böller oder Profifeuerwerk war – es spricht aber einiges dafür, dass eine Kugelbombe gezündet wurde", sagte ein Sprecher. Nach dem großen Knall hatten Zeugen hatten eine siebenköpfige Gruppe, darunter zwei Frauen, wegrennen sehen. Zurück blieb die 43-Jährige – mit zerstörtem Airbag, aber immerhin unverletzt.

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