zum Hauptinhalt
Für Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) ist die Aufwertung sozialer Berufe "die Schlüsselfrage des 21. Jahrhunderts".

© Ole Spata/dpa

Franziska Giffey in Neukölln: Die Kita-Ministerin

Franziska Giffey fordert „mehr öffentlichen Druck“ für die Aufwertung sozialer Berufe und zieht einen historischen Vergleich.

Dieser Abend ist für Franziska Giffey ein Heimspiel. „Guten Abend, Neukölln, is dit schön, mal wieder hier zu sein!“, begrüßt die Bundesfamilienministerin die Gäste einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend in der Otto-Hahn-Schule. Thema des Abends: Giffeys Gute-Kita-Gesetz. Eingeladen hatten die SPD-Bundestagsabgeordneten Fritz Felgentreu und Klaus Mindrup.

Als Kennerin der lokalen Begebenheiten sprach Micaela Daschek, stellvertretende Geschäftsführerin des Kreisverbandes Südost der AWO Berlin und ehemalige Leiterin einer Kita in Britz, über die Bedürfnisse der Eltern und Kinder im Bezirk.

Das zentrale Problem in Berlin seien nicht die fehlenden Kitaplätze, sondern das fehlende Fachpersonal, betont Daschek. Viele vorhandene Kapazitäten könnten so nicht genutzt werden. „Es ist ganz klar, was nötig ist“, sagt auch Giffey. „Die Frage der Attraktivität des Berufes hängt auch von der Vergütung ab.“ Bei höheren Löhnen werde der Beruf auch attraktiver für Männer.

Die Rahmenbedingungen für Erzieher müssten stimmen, meint Giffey

„Es ist ja nicht so, dass es niemanden in Deutschland gibt, der Erzieher werden will – im Gegenteil“, sagt Giffey. Aber die Rahmenbedingungen müssten stimmen. Dazu zählt sie auch eine Verbesserung der Ausbildung und Stärkung des nichtpädagogischen Personals in Kindertagesstätten.

„Es kann nicht sein, dass Erzieherinnen und Erzieher auch noch den Abwasch erledigen und den Garten pflegen müssen“, erzählt Daschek aus der Praxis. Selbst die Kitaleitung müsse häufig bei derartigen Aufgaben mit anpacken, „weil es überall brennt“. Dadurch würden wieder Kapazitäten in anderen Bereiche fehlen.

Doch es sei nicht nur die geringe Bezahlung, auch die Anforderungen seien hoch. Die fehlenden Fachkräfte hingen jedoch nicht nur mit der Bezahlung zusammen, betont Daschek: „Man darf nicht vergessen, dass die Arbeit der Erzieher in Bezirken wie Neukölln auch einfach oft nicht leicht ist“. Kinder, die etwa Probleme mit der Sprache hätten oder noch nie eine Bastelschere in der Hand gehalten hätten, seien keine einfache Aufgabe.

Fast wie der Kampf für das Frauenwahlrecht

Katharina Mahrt, Sprecherin der Initiative Kita Krise Berlin und selbst Mutter in Neukölln, forderte mehr Einsatz für Lohnerhöhungen bei Erzieherinnen und Erziehern. „Die Aufwertung der sozialen Berufe ist die Schlüsselfrage des 21. Jahrhunderts“, sagte Giffey. Sie verglich den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen mit jenem für das Frauenwahlrecht vor 100 Jahren. „Ohne öffentlichen Druck geht das aber nicht“, appellierte Giffey an das Publikum.

Neben dem Fachkräftemangel bewegte viele Eltern das Thema Wartelisten. Ein Vater, der einen Kitaplatz für Sommer 2019 sucht, berichtete von seinen Erfahrungen: Von über 20 kontaktierten Kitas habe er sich lediglich bei zwei auf die Warteliste setzen lassen dürfen. Dort stehe er nun auf Platz 135 – bei 15 freien Plätzen.

Zum 1. Januar 2019 tritt das Gute-Kita-Gesetz in Kraft

Die Kitaleiterin aus Friedrichshain berichtet von Eltern, die in der Hoffnung auf einen Platz sogar anbieten würden, die Fassade der Kita zu streichen. Sie selbst habe nach 1000 Namen die Warteliste ihrer Kita geschlossen. Für die Platzvergabe sei daher dringend ein neues System nötig.

Das Gute-Kita-Gesetz soll im Januar 2019 in Kraft treten. 5,5 Milliarden Euro stehen den Ländern für die Verbesserung der Qualität und des Umfang der Kinderbetreuung zur Verfügung. Im Gespräch sind etwa die Ausweitung der Öffnungszeiten, Änderungen der Ausbildung zur Erzieherin, eine Absenkung des Betreuungsschlüssels und die Förderung ausländischer Fachkräfte.

Zur Startseite