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Berlin: Frau erstochen – Polizei sucht Ehemann und Ex-Ehemann

Bluttat in Neukölln: Das Opfer ist eine 35-jährige Türkin. Ihr Mann brachte die tödlich Verletzte ins Krankenhaus und verschwand

In der Selchower Straße in Neukölln ist eine Frau niedergestochen worden und danach gestorben. Tanja Buntrock, Polizeireporterin des Tagesspiegels, wohnt am Tatort und wurde Zeugin.

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Es war ein Messerstich in den Bauch. Dieser eine Stich war tödlich. Die 35-jährige Melek E. ist am Dienstagmorgen an ihrer lebensgefährlichen Verletzung im Urban-Krankenhaus gestorben. Noch ist nicht klar, wer sie umgebracht hat. Doch die Polizei sucht seit Montagabend vor allem nach dem Ehemann der Toten – dem 21-jährigen Selahattin E. Mit ihm gemeinsam hat sie in der Erdgeschosswohnung im Hinterhaus des Altbaus in der Selchower Straße gelebt. „Er war es, der die Frau noch bis zum Krankenhaus gebracht hat“, bestätigt Justizsprecher Michael Grunwald. Danach ist er verschwunden. Ob er auch auf die Frau eingestochen hat, ist nicht klar. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten“, sagt ein Ermittler.

Melek E. ist seit drei Monaten mit Selahattin verheiratet. Am Klingelschild klebt derzeit noch ein anderer Name. Es ist der ihres früheren Ehemannes. „Wir sind auch auf der Suche nach dem Ex-Ehemann der Frau.“ Die Kriminalbeamten finden in der Tatwohnung Spuren, „die auf eine Auseinandersetzung hindeuten“.

Doch was hat sich wenige Stunden zuvor abgespielt? Montagabend, circa 21.30 Uhr. Anwohner der Selchower Straße hören auf der Straße Geräusche: ein Röcheln, ein Wimmern. Unten, vor dem hell erleuchteten Hauseingang, liegt Melek E. zusammengekauert in den Armen ihres Ehemannes Selahattin. „Meine Frau, meine Frau“, wimmert er und beugt sich über die blasse Frau, die kaum noch bei Bewusstsein ist. Eine Anwohnerin alarmiert den Notarzt. Verletzungen oder Blutspuren sind nicht zu sehen. Doch es ist zu erkennen, dass ihr Zustand kritisch ist. Selahattin E. ruft immer wieder „Auto, Auto“. Er läuft mit der Frau in den Armen zur Straße, legt sie neben einem parkenden Auto ab und stellt sich mitten auf die Fahrbahn, um ein fahrendes Auto anzuhalten. Ein roter Wagen stoppt. E. überredet die Insassen, ihn und die Verletzte ins Urban-Krankenhaus zu bringen. Als kurz darauf ein Polizei- und ein Krankenwagen eintreffen, ist der rote Wagen bereits fort. Eine knappe Stunde später steht die Kripo bei den Zeugen in der Selchower Straße vor der Tür. Die Beamten bestätigen, dass die Frau mit einer Stichverletzung im Krankenhaus abgegeben worden ist. Alle Begleiter sind danach verschwunden. Nach dem roten Wagen wird gesucht. Die Beamten öffnen die Wohnung des Ehepaares im Hinterhaus. Zivilbeamte beschatten seither das Haus in der Selchower Straße in der Hoffnung, dass Selahattin E. dort auftaucht.

Laute Musik schallte manchmal aus der Wohnung, erinnern sich die Bewohner. Mehr wissen sie nicht über das Paar. Ein Ermittler sagt, dass in der Wohnung vier verschiedene Leute gemeldet waren. Die genauen Umstände müssten erst noch ermittelt werden. Auch das Motiv sei noch unklar. Auf dem Foto, das die Kripo am Tatort mitnimmt, sitzt das Ehepaar E. in einem Gartenrestaurant. Selahattin hat sich die Sonnenbrille ins Haar geschoben, beide lächeln. Ein glückliches Paar, so scheint es. „Melek“ ist türkisch und heißt Engel.

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