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Berlin: Frauenprojekte sollen weniger Geld erhalten Grüne und FDP kritisierenSparvorschläge

Ohne das Diakoniezentrum Heiligensee würde Bettina M. vielleicht nicht mehr leben.

Von Sabine Beikler

Ohne das Diakoniezentrum Heiligensee würde Bettina M. vielleicht nicht mehr leben. Vor zwei Jahren drohte ihr damaliger Ehemann, sie umzubringen. Die 38-jährige Mutter von zwei Kindern suchte verzweifelt eine geschützte Wohnung. Sie fand Zuflucht bei „Freifrau“, einer Einrichtung des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF). Dort leben Familien, Jung und Alt, Behinderte und Nichtbehinderte unter einem Dach. Viele der 83 Frauen sind allein erziehend und vor familiärer Gewalt geflüchtet. Sylvia Brinkmann betreut die Frauen psychologisch. Ihre Stelle wird mit jährlich 32000 Euro bezuschusst. Doch jetzt droht der Senat, das Geld komplett zu streichen. „Das wäre eine Katastrophe für die Betroffenen“, sagt der Leiter Christian Nestler.

„Freifrau“ ist kein Einzelfall: 350000 Euro will das Land im nächsten Jahr bei Berliner Frauenprojekten kürzen – insgesamt sollen sie dann nur noch 8,57 Millionen Euro erhalten. Vor zehn Jahren gab es noch rund elf Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt soll bei vier Projekten gekürzt werden: 100000 Euro weniger soll das Frauenzentrum EWA in Pankow erhalten, die gleiche Summe will das Land auch im „Zweiten Berliner Frauenhaus“ in Spandau sparen. Die Grünen haben ausgerechnet, dass dadurch 26 Plätze für von Gewalt betroffene Frauen gestrichen werden. Die Senatsfrauenverwaltung dementiert das: „Wir finanzieren dafür mehr Zufluchtswohnungen, in denen Frauen in der Regel länger wohnen als in Frauenhäusern“, sagt Ahlers. 30000 Euro sollen bei dem Frauenzentrum Brunnhilde in Mitte gekürzt werden. Die Verwaltung begründet die Entscheidung damit, dass es in Mitte und Umgebung andere Frauenprojekte mit ähnlichen Angeboten gebe.

Warum ausgerechnet beim 1977 gegründeten Projekt „Freifrau“, dem ältesten seiner Art in Berlin, gekürzt werden soll, kann Grünen-Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger nicht nachvollziehen. Es sei das einzige derartige Projekt im Norden Berlins. Er schlägt vor, mehrere Projekte in besser ausgestatteten Bezirken zusammenzulegen. Außerdem könne die Senatsfrauenverwaltung rund 50000 Euro pro Jahr einsparen, indem es die drei Referatsleitungen auf zwei reduziere.

Susanne Ahlers, Staatssekretärin für Frauen, wirft Schruoffeneger „unseriöse Vorschläge“ vor. Die Kürzungen seien überdies noch gar nicht beschlossen, versichert Ahlers. „Wir sind offen für andere Vorschläge.“ Nur: An der Einsparsumme von 350000 Euro für 2005 gebe es nichts zu rütteln. Mieke Senftleben, frauenpolitische Sprecherin der FDP, fehlen strukturelle Entscheidungen. „Es geht darum, ob in Berlin künftig große Beratungszentren für Frauen arbeiten sollen – oder kleinere Projekte weitergeführt werden“, sagt Senftleben. „Projekte aber wahllos zu kürzen, das geht nicht.“

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