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Große Versprechen. Rund um den Schöneberger Gasometer will Investor Reinhard Müller eine private Energie-Universität etablieren. 5000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Foto: dapd

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Berlin: Freie Fahrt zu Fördermitteln

Straße zum privaten Schöneberger Energie-Forum wird teurer als geplant Innenstaatssekretär und Ex-Stadtrat sicherte dem Investor dafür Steuergeld zu.

Staatssekretär Bernd Krömer (CDU) gerät wegen eines Vertrags zulasten des Steuerzahlers aus seiner Zeit als Baustadtrat in Tempelhof-Schöneberg unter Druck. Die Bezirksverordneten haben Akteneinsicht beantragt, um das bislang unter Verschluss gehaltene Dokument, das dem Tagesspiegel vorliegt, prüfen zu können. Darin geht es um die Finanzierung einer Zufahrtsstraße zum Gelände des Europäischen Energie-Forums (Euref), einem privaten Gewerbegebiet, das der Architekt Reinhard Müller entwickelt.

Die Straße soll nach Angaben Müllers rund zwölf Millionen Euro kosten. Der Investor wie auch Baustadtrat Krömer hatten öffentlich immer wieder beteuert, die Straße werde ausschließlich privat finanziert. Damit sollte den Bezirksverordneten die Zustimmung zu einem investorenfreundlichen Bebauungsplan schmackhaft gemacht werden. Müller hat sich auch verpflichtet, den denkmalgeschützten Gasometer, in dem die Talkshow von Günther Jauch produziert wird, zu sanieren – ebenfalls ohne Fördermittel. Vor einem Jahr gab der Unternehmer medienwirksam den Startschuss zur Sanierung, bis heute kamen die Arbeiten aber kaum voran.

Die Zufahrtsstraße sei inzwischen zu teuer geworden, erklärt Müller in einer schriftlichen Stellungnahme, trotz einer bereits abgespeckten Bauvariante. Ursprünglich seien nur 3,9 Millionen Euro für die Straße veranschlagt worden. Deshalb sollten Fördermittel beantragt werden, um die Differenz – rund zwei Drittel der Kosten – zu finanzieren. Dazu unterschrieben Krömer und Müller am 21. November 2011 – zwei Tage vor Krömers Ausscheiden aus dem Amt als Baustadtrat – einen „Nachtrag zum städtebaulichen Vertrag“, in dem die Beantragung sogenannter GRW-Mittel vereinbart wird. Gleichzeitig geht der Bau in die Regie des Bezirkes über, denn nur so ließen sich die Fördermittel beantragen, heißt es.

Politisch pikant ist die Tatsache, dass am 21. November für Krömer schon klar war, dass das Wirtschaftsressort im Senat – zuständig für Fördermittelanträge – der CDU zufallen würde. Als noch Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) das Ressort verantwortete, hieß es in einer Stellungnahme der Verwaltung, eine Förderung aus GRW-Mitteln käme für die Euref nicht infrage, weil eine „überwiegende Nutzung durch produzierende Unternehmen und wirtschaftsnahe Dienstleister“ nicht gegeben sei.

Viele BVV-Abgeordnete fühlen sich durch den Vertrag zwischen dem Bezirksamt und Müller verschaukelt. „Das ist eine Erpressung“, sagt der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen, Ralf Kühne. Krömer hätte die Abgeordneten über die Vertragsschließung zumindest informieren müssen. Lars Oberg (SPD), für Schöneberg im Abgeordnetenhaus, wirft Müller „Wortbruch“ vor. Die GRW-Mittel sollten für wichtigere Projekte ausgegeben werden. Die Gelder kommen von Bund und Ländern.

Krömer will seine Entscheidung vom November nicht kommentieren, verweist dazu auf seine Nachfolgerin im Amt, Sybill Klotz von den Grünen. Die findet den Vorgang „ungewöhnlich und bemerkenswert“. Mehr möchte sie dazu nicht sagen.

Reinhard Müller hat das ehemalige Gasag-Gelände in Schöneberg 2007 übernommen, verbunden mit der Ankündigung, dort eine private „Energie-Universität“ anzusiedeln und 5000 Arbeitsplätze zu schaffen. 600 Millionen Euro wolle er investieren. Seitdem geht die Entwicklung nur schleppend voran. Das Uni-Projekt schnurrte auf drei Master-Studiengänge der TU zusammen. Dennoch gelingt es Müller immer wieder, werbewirksame Veranstaltungen auf das Gelände zu holen, zuletzt eine Klimakonferenz mit dem ehemaligen Chef des UN-Umweltprogramms Klaus Töpfer. Die Sanierung des Gasometers werde durch die regelmäßigen Aufzeichnungen der Jauch-Show übrigens nicht behindert, teilt Müller mit.Thomas Loy

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