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Berlin: Freiheitsstrafe: Mutter zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt - Söhne sollten mit in den Tod

Sie fühlte sich seit Jahren unglücklich, einsam und im Stich gelassen. Als Alice D.

Sie fühlte sich seit Jahren unglücklich, einsam und im Stich gelassen. Als Alice D. dann erfuhr, dass sich ihr Mann, ein 44-jähriger Polizist, scheiden lassen will, stand ihr Entschluss fest: Sie wollte sterben und ihre Söhne mit in den Tod nehmen. "Die Tat war Ausdruck eines gescheiterten Lebens", sagt der Staatsanwalt im Moabiter Kriminalgericht.

Alice D. nimmt dem Ankläger seine Worte nicht übel. Sie weiß, dass sie seelisch krank war und ist. "Es tut mir sehr Leid, was ich meinen Söhnen angetan habe", sagt die 43-Jährige. Wenig später verurteilt das Gericht die Deutsch-Brasilianerin wegen Brandstiftung und Körperverletzung zu zweieinhalb Jahren. Ihre Strafe wird Alice D. in einer psychiatrischen Klinik verbüßen.

Es war der Abend des 11. Oktober 1999, an dem Alice D. beschloss, "Schluss zu machen". Sie schrieb einen Abschiedsbrief und wanderte dann in ihrem Reinickendorfer Wohnhaus umher. Zuweilen ließ die ehemalige Physiotherapeutin ein Kleid fallen, das sie mit Brennspiritus übergoss und anzündete. Schließlich ging die unglückliche Frau in das Zimmer ihres 12-jährigen Jüngsten, schlug erst dem Kind und dann sich selbst mit einem Hammer auf den Kopf. "Aus Mitleid, damit er nicht bei Bewusstsein verbrenne", sagt der Ankläger.

An dem Bett des blutenden Jungen erkannte die Mutter wohl die Sinnlosigkeit ihrer Tat. Alice D. weckte ihren zweiten Sohn, den 15-jährigen Allan, und sagte: "Schnell, hol die Feuerwehr!" Den schwer verletzten Dennis zog sie ans Fenster, um ihn vor dem Rauch zu schützen. Allan kam mit einem Schock davon. Sein Bruder leidet noch heute unter Sprachstörungen und einer Lähmung der rechten Körperhälfte.

Alice D., Tochter deutscher, streng religiöser Eltern, ist in Brasilien aufgewachsen. Hier lebte die Katholikin zeitweise in einem Kloster, bis sie Anfang der 80er Jahre ihren Mann kennen lernte. Die Familie sollte ihr Lebensinhalt werden, doch die Ehe entwickelte sich zu einer Katastrophe. Es muss Anfang der 90er Jahre gewesen sein, als sich Steven D. die erste Geliebte nahm, es folgte eine zweite Affäre, dann die dritte. Alice D. stürzte in tiefe Depressionen, eine Scheidung kam für sie aber nicht in Frage - weil der Mensch nicht trennen soll, was Gott zusammengefügt hat.

Doch es war kein gesundes Gefüge, im Gegenteil. "Es war eine hochgradig gespannte Beziehung", sagt der Richter. Im Herbst 1999 fing Alice D. an, im Keller Flaschen mit Brennspiritus zu horten. Als sie erfuhr, dass ihr Mann für den nächsten Tag, also den 12. Oktober, einen Termin beim Scheidungsanwalt vereinbart hatte, machte sie Ernst. Seitdem lebt Alice D. in der Bonhoeffer-Nervenklinik. Der Gutachter sagt, dass die Behandlung erste Erfolge zeigt. Alice D. sagt: "Ich kann nicht verstehen, wie ich so denken konnte." Steven D. verweigerte vor Gericht die Aussage. Die Scheidung läuft, die Söhne leben beim Vater, besucht haben sie ihre Mutter bislang nicht. "Alice D. hat ihren Lebensinhalt verloren", sagt der Richter.

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