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Berlin: Freiherr vom Stein sucht Gesellschaft

Parlamentspräsident Momper will auch ein Hardenberg-Denkmal vor das Abgeordnetenhaus stellen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Karl Freiherr vom Stein, der allein auf hohem Sockel vor dem Abgeordnetenhaus steht, soll Gesellschaft bekommen. Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) hat die Idee, dem preußischen Reformer einen alten Kollegen, den früheren Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg, an die Seite zu stellen. Sie sind einander wohl vertraut. Aus gemeinsamer Arbeit unter Friedrich Wilhelm III. Und als Denkmale auf dem früheren Dönhoffplatz an der Leipziger Straße in Berlin.

Doch während das Stein’sche Bronzedenkmal sogar die Bombennächte des Zweiten Weltkriegs überstand, gilt Hardenberg als verschollen. 1907 wurde die 2,80 Meter große Skulptur vom sächsischen Bildhauer Martin Götze geschaffen. Ein neubarockes Werk auf einem Podest aus schlesischem Granit. Mit zugeknöpftem Rock, geschmückt mit dem Stern des Schwarzen Adlerordens, darüber ein Pelerinenmantel – so stand Hardenberg da. Fürstliche Würde und bürgerliches Selbstbewusstsein ausstrahlend.

Eigentlich war das Denkmal für den Gendarmenmarkt bestimmt. Aber dann wurde der große preußische Staatsmann, der erfolgreich für Gewerbefreiheit, eine gerechte Besteuerung der Bürger und die Abschaffung bäuerlicher Erbuntertänigkeit kämpfte, auf den Dönhoffplatz gestellt. Gleich neben das Denkmal des sieben Jahre jüngeren Freiherrn vom Stein, der 1807 auf Empfehlung Hardenbergs und Napoleons leitender Minister wurde und die städtische Selbstverwaltung energisch voranbrachte. Steins Denkmal wurde schon 1875 enthüllt. An einer Stelle der Stadt, wo seit 1730 ein Obelisk den geographischen Mittelpunkt des alten Berlins markierte.

Das alles ist Geschichte. Für den Freiherrn vom Stein fand sich im April 2003 ein neuer, würdiger Standort: Der repräsentative Vorplatz des Berliner Abgeordnetenhauses. „Wo er auch hingehört, weil sich vom Stein stets für die Beteiligung aller Bürger an der Gestaltung des Staatslebens einsetzte“, sagte Parlamentspräsident Momper bei der Enthüllung des Monuments. Jetzt will er den Hardenberg danebenstellen. Das ist kein einfaches Unterfangen, denn die überlebensgroße Bronzestatue tauchte 1949 letztmalig in einer amtlichen Inventarliste auf. In dem 1960 erstellten Verzeichnis der Freiplastiken Berlins war sie nicht mehr zu finden. Im Landesdenkmalamt wird vermutet, dass die Originalfigur zu DDR-Zeiten eingeschmolzen wurde.

Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer: Friedrich-Carl Graf von Hardenberg, der noch lebende Repräsentant der Neuhardenberger Linie, besitzt eine verkleinerte, detailgetreue Bronzekopie des verschwundenen Denkmals. 2002 ließ er Gipsabdrücke anfertigen und schenkte zwei davon dem stellvertretenden Chef des Berliner Landesdenkmalamts, Klaus von Krosigk. Der gab eine Gipsstatue an den Abgeordnetenhaus-Präsidenten Momper weiter. Auf dessen Schreibtisch steht sie jetzt – und wartet darauf, wieder groß zu werden.

Es müsste doch möglich sein, sagte Momper dem Tagesspiegel, in privater Initiative das dafür benötigte Geld zusammenzutragen, um das Hardenberg-Denkmal wiederherzustellen. Etwa 60 000 Euro, inklusive neuem Sockel, reichen seiner Einschätzung nach aus. „Wer etwas dazu beitragen will, möge sich bei mir melden.“ Dann stünden die Schöpfer des modernen Preußens, vor der Haustür der Berliner Volksvertretung, wieder einträchtig beisammen.

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