zum Hauptinhalt
Das Verfahren gegen die drei Ärzte begann bereits 2005.

© imago/Steinach

Freisprüche vom Bundesgerichtshof aufgehoben: Prozess gegen Berliner Kassenärzte wegen Untreue wird neu aufgerollt

Bundesgerichtshof hebt Freisprüche für den Ex-Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin auf. Der Streit um die Übergangsgelder findet kein Ende.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Freisprüche von früheren Berliner Kassenärzten aufgehoben - der Fall um die sogenannten Übergangsgelder wird neu aufgerollt. Die BGH-Richter entschieden: Das Landgericht Berlin, das die Mediziner 2019 vom Vorwurf der Untreue freigesprochen hatte, habe die zur Debatte stehenden Verträge unvollständig betrachtet.

Nun muss sich eine andere Kammer des Landgerichts mit dem Fall befassen, der jahrelang die Berliner Ärzteschaft beschäftigte - und in dem am Ende womöglich Freiheitsstrafen drohen.

Drei Angeklagte - eine Allgemeinmedizinerin, ein Augenarzt und ein Dermatologe - waren seit 2005 hauptamtliche Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Berlin gewesen. Der vierte Angeklagte war Vorsitzender des sogenannten Ärzteparlaments, der 40-köpfigen Vertreterversammlung (VV).

In ihren Verträgen wurde den drei Vorständen ein Übergangsgeld in Höhe eines Jahresgehalts zugesichert, wenn sie nach ihrer Amtszeit wieder ihre Praxen leiten. Das ist üblich, wenn auch umstritten.

Die Affäre um die so genannten Übergangsboni begann 2011. Damals bestätigte die VV die drei Vorstände für eine zweite Legislaturperiode im Amt - und ließen sich dennoch das Übergangsgeld von je 183.000 Euro auszahlen. Der vierte Angeklagte segnete die Verträge als VV-Chef im Namen der Kassenärzte ab.

Intern wurde dies damit begründet, dass Berlins damals rot-roter Senat den Bonus künftig auf sechs Monatsgehälter kürzen wollte. Der spätere Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) forderte die Boni zivilrechtlich erfolgreich zurück.

Eine Leistung ohne Gegenleistung?

Die Berliner Landesrichter erklärten 2019 dazu, es seien bei dem Vorgang zwar Fehler gemacht worden, aber keine mit strafrechtlicher Konsequenz: „Wer hat was vorgeschlagen und aus welchen Motiven – es wurde nicht geklärt.“

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Nun entschied der 5. Strafsenat des BGH am Dienstag in Leipzig anders: Das Landgericht habe das Übergangsgeld unzutreffend als Teil der Bezahlung für die zweite Amtsperiode gewertet, dabei seien „gewichtige Aspekte“ aus dem Blick geraten.

Ein Übergangsgeld ohne tatsächliche Rückkehr in die Praxen erscheine als Leistung ohne Gegenleistung. Das lege einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nahe, das für öffentliche Verwaltungen besteht.

Die KV ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ihr müssen alle 9300 Berliner Praxisärzte angehören, die gesetzlich Versicherte versorgen. Die KV verwaltet die Honorare der Krankenkassen und regelt Standesrechtliches selbst: Der Staat greift nur bei groben Verstößen ein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false