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Freund der Familie Lübcke über Aktion vor CDU-Zentrale: „Wir bekämpfen die AfD nicht durch den Missbrauch von ermordeten Demokraten“
Aktivisten feiern den ermordeten Walter Lübcke mit einer Statue vor der Parteizentrale als „letzten Helden der CDU“. Ein Freund reagiert entsetzt. Die grüne Bezirksbürgermeisterin verteidigt die Aktion.
Stand:
Das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) hat am Dienstag eine lebensgroße Statue des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin aufgestellt – und stößt mit der Aktion auf Kritik aus der CDU. Der zuständige Bezirk Mitte verteidigte die Aktion.
Freund der Familie Lübcke fordert Entschuldigung
Michael Brand, ein Freund der Familie Lübcke, verurteilte den Missbrauch der Person Walter Lübckes für die Aktion. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung sagte dem Tagesspiegel auf Nachfrage: „Wer Walter kannte, der weiß, dass er als aufrechter Konservativer für menschlichen Umgang mit Flüchtlingen und Migranten, aber zugleich eindeutig in der Frage von illegaler Migration war.“ Lübcke und Friedrich Merz seien von ihren Grundauffassungen sehr ähnlich, nämlich demokratisch, europäisch, konservativ und gegen Extremismus.
„Den ersten von Rechtsextremisten ermordeten Repräsentanten unseres Staates in einer solchen wirklich geschmacklosen Aktion missbrauchen zu wollen, macht nicht nur mich sehr wütend“, heißt es in der Stellungnahme von Brand, und außerdem: „Wir Demokraten bekämpfen die Extremisten von der AfD nicht durch den Missbrauch von ermordeten Demokraten.“
Walter Lübcke stehe für Anstand und Würde, sagte Brand. Die Aktion sei „unanständig und würdelos“, sagte der Abgeordnete. Er fordert außerdem die Initiatoren auf, „diese infame Aktion abzubrechen und sich bei der Familie zu entschuldigen“.
Die Familie Lübckes wollte sich auf Anfrage nicht zu der Aktion an der CDU-Parteizentrale äußern. Der CDU-Politiker Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf seiner Terrasse im nordhessischen Wolfhagen-Istha von dem Rechtsextremisten Stephan E. ermordet worden – aus dessen Ablehnung von Lübckes liberaler Haltung zur Flüchtlingspolitik. Der Täter verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe. Er soll die AfD etwa im Wahlkampf unterstützt haben.
Kai Wegner zeigt sich entsetzt
Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) wolle die CDU mit der Aktion an ihre Verantwortung erinnern, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, teilte die Gruppe mit. „Es gibt keine Machtoption für die AfD ohne die CDU“, heißt es auf der Webseite der Satire- und Politikinitiative.
„Die Brandmauer der CDU muss stabiler werden – mit dem Andenken an Walter Lübcke“, erklärten die Initiatoren der Aktion. Die CDU dürfe „diejenigen, die sich dem Rechtsextremismus in den Weg gestellt haben, nicht vergessen“. Deshalb habe man die Erinnerung „an den letzten Helden der CDU in Bronze gegossen“ und vor die CDU-Bundeszentrale gestellt. Die Aktivisten vom ZPS sprechen vom „Walter-Lübcke-Memorial Park“.
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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) verurteilte die Aktion. Es sei „absolut geschmacklos“, mit einem brutal ermordeten Politiker auf diese Art und Weise Politik zu machen, sagte er am Dienstag am Rande der Senatspressekonferenz.
Bezirk genehmigte die Aktion
Unterdessen verteidigte die Bezirksbürgermeisterin von Mitte, Stefanie Remlinger (Grüne), die Aktion. „Kunst darf politisch sein“, sagte sie dem Tagesspiegel.
Das Straßen- und Grünflächenamt genehmige Kunst im öffentlichen Raum im Rahmen der Kunstfreiheit. Die müsse gewahrt werden, solange sie nicht gegen die Regeln des Grundgesetzes verstoße. Es sei nicht die Aufgabe des Bezirksamtes, bei jedem Antrag die Qualität der Kunst zu bewerten.
Die Kritik des Regierenden könne sie nicht nachvollziehen. „Ich glaube nicht, dass die CDU das Monopol hat, an Walter Lübcke zu erinnern“, sagte Remlinger. Die Abbildung Lübckes findet die Bezirksbürgermeisterin nicht geschmacklos, vielmehr stoße sie eine wichtige Debatte an. „Natürlich stellt sich die Frage nach der Wehrhaftigkeit unserer Demokratie“, sagte Remlinger. „Gerade auch an die demokratischen Konservativen.“
Remlinger kündigte an, am Mittwoch an der Einweihung der Statue teilzunehmen. Der Bezirk Mitte teilte mit, dass für die Fläche vor dem Parteihaus ein Sondernutzungsrecht für zwei Jahre erteilt wurde. Faktoren wie Standsicherheit, polizeiliche Gefährdungsaspekte sowie verkehrstechnische Belange seien abgefragt worden, sagte ein Sprecher. Das Bezirksamt habe sich nach einer Prüfung dagegen entschieden, eine Aufstellung durch das ZPS zu verhindern.
Die CDU verurteilt die Aktion
Auch die CDU-Fraktion des Bezirks Mitte verurteilte die Aktion des ZPS. Deren Vorsitzender, Sebastian Pieper, erklärte: „Die politische Instrumentalisierung von Dr. Walter Lübcke – einem von Rechtsextremen ermordeten Christdemokraten, der für Haltung, Mut und Menschlichkeit stand – mittels einer Statue ist geschmacklos und pietätlos.“
Die angekündigte Einweihung durch Bezirksbürgermeisterin Remlinger mache deutlich, wie unkritisch sich die Grünen vor den Karren einer effekthaschenden und politisch spaltenden Aktion spannen ließen. „Wer sich an einem derartigen Angriff auf eine demokratische Partei beteiligt, verlässt den Boden verantwortungsvoller Amtsführung“, sagte Pieper.
Eine CDU-Sprecherin würdigte Lübcke am Dienstag als „aufrechten Christdemokraten“ und „Kämpfer für seine Überzeugungen“ und kritisierte die Aktion vor der Parteizentrale. Man verwahre sich „gegen die unaufrichtige Instrumentalisierung von Walter Lübcke durch linke Aktivisten wie das Zentrum für politische Schönheit“.
Der Kampf gegen den politischen Extremismus und die Feinde der Demokratie sei eine Aufgabe aller Demokraten im Land, sagte die Sprecherin weiter. „Wer diesen Kampf aufrichtig mit uns führen will, darf sich nicht gegen die politische Mitte wenden.“ (mit dpa)
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