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Friedhof der März-Gefallenen: Revolution im Seecontainer

Der Friedhof der März-Gefallenen neben dem Volkspark Friedrichshain ist in Vergessenheit geraten. Nun wurde das Areal aufwendig umgestaltet. Ab Sonntag wird eine neue Ausstellung eröffnet.

Alexander von Humboldt soll dabei gewesen sein. Und August Borsig. Und 20 000 Berliner: Ein stundenlanger Trauerzug bewegte sich am 22. März 1848 vom Deutschen Dom auf dem Gendarmenmarkt zum Lindenberg, der damals höchsten Erhebung im gerade entstehenden Volkspark Friedrichshain. Dort wurden an diesem Tage auf einem kleinen Friedhof 183 Opfer der Barrikadenkämpfe beigesetzt, später kamen weitere hinzu, so dass insgesamt 255 Menschen, Arbeiter und Handwerker zumeist, auf diesem „Friedhof der Märzgefallenen“ ihre letzte Ruhe fanden. In den folgenden Jahren ist in der Umgebung viel geschehen, aber der Friedhof mit den kleinen quadratischen Grabsteinen blieb fast unverändert.

1948, zum 100. Jubiläum der bürgerlichen Revolution, wurde ins Zentrum des Friedhofs ein Gedenkstein gesetzt, auf seiner Rückseite stehen 249 Namen, vorn heißt es: „Das Denkmal habt ihr selber euch errichtet – nur ernste Mahnung spricht aus diesem Stein / Dass unser Volk niemals darauf verzichtet wofür ihr starbt – einig und frei zu sein“. Stets am 18. März werden an diesem Stein Kränze niedergelegt, Walter Momper hält als Präsident des Abgeordnetenhauses eine Rede, und der unermüdliche Kämpfer für die Ideale der 48er, Volker Schröder von der „Aktion 18. März“, fordert, dieses Datum zum Gedenktag zu erklären.

In diesem Jahr aber ist alles anders. Wer über den Ernst-Zinna-Weg zum Friedhof geht, ist zunächst erstaunt: Löcher im Boden am Rande der Ruhestätte, Betonfundamente, die 30 Meter langen Containern Halt geben. Die Grabsteine sind verrückt worden, in die Wiese im Zentrum wurden die Metallpfähle für eine Rotunde in die Erde gerammt.

Der Historiker Ralph-Jürgen Lischke erklärt, weshalb das Idyll des stillen Ortes auf diese Weise gestört wird: Der Friedhof soll zu einer „Nationalen Gedenkstätte“, zu einem „Denkmal von nationalem Rang“ aufgewertet werden. Dazu wird es ab diesem Sonntag eine Ausstellung in einer „Maerz-Baustelle“ mit der Vorgeschichte der Revolution geben. „Auf dem Friedhof wird eine begehbare Rotunde errichtet, die bewusst den Zentralen Gedenkstein verdeckt“. Der Innenraum steht der Öffentlichkeit für Ideen und Inspirationen zur Verfügung, man möchte Demokratie „erlebbar machen“, was immer das heißen mag. Die bauliche Veränderung sollte schon im Sommer 2010 abgeschlossen sein, jetzt hat die Lottostiftung mit einer revolutionären Spende von mehr als 600 000 Euro offensichtlich dafür gesorgt, dass das Projekt unter der Regie des Paul-Singer-Vereins Fahrt aufnehmen konnte.

Am Sonntag sollen der Container mit der Revolutionsgeschichte und die Rotunde mit 45 Bildtafeln zur spannenden Friedhofsgeschichte eröffnet werden, ein Auftakt wie ein Trompetenstoß, der Berliner und Touristen auf den Friedhof locken und ihnen geschichtlichen Nachhilfeunterricht geben soll. Ganz im Sinne eines von zahlreichen Prominenten unterzeichneten Aufrufs, in dem es heißt, dass dieser Friedhof am Rande des Parks zusammen mit der Frankfurter Paulskirche und der Festung Rastatt symbolisch für die Ideale der Revolutionäre von 1848 steht: „Der Friedhof muss zu einem Lernort für die Geschichte der Demokratie in Deutschland und in den Rang einer nationalen Gedenkstätte erhoben werden“.

Ralph-Jürgen Lischke sagt es schlichter: „Der Friedhof selbst ist das Denkmal“.

Ernst-Zinna-Weg, täglich von 10–18 Uhr, Eintritt frei; Details im Internet unter www.friedhof-der-maerzgefallenen.de

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