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Berlin: Friedrichs Guckkastenmann

Mussorgski, was sonst. Gibt es für ein wohltätiges, dem Kunsterwerb dienendes Konzert ein passenderes Programm als die „Bilder einer Ausstellung“?

Mussorgski, was sonst. Gibt es für ein wohltätiges, dem Kunsterwerb dienendes Konzert ein passenderes Programm als die „Bilder einer Ausstellung“? Würde die berühmte „Promenade“ nach dem hüpfend-lauernden Auftritt des „Gnoms“, nach dem Rumpeln des „Ochsenkarrens“, dem Spiel der „Küken in ihren Eierschalen“, nach den zehn Stationen eben, in die Musssorgski seinen Ausstellungsbesuch unterteilt hat, nicht wie von selbst zum Objekt des musealen Begehrens führen, auf dass den Spendern das Geld aus der Tasche springe?

Holger Groschopp, in Berlin lebender Tastenvirtuose, leitete das Publikum mit sicherer Hand hin zu Nicolas Lancrets „Der Guckkastenmann“, dessen Ankauf die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten seit gut zwei Jahren betreibt. Sein Spiel hätte eine bessere Raumakustik verdient, die Goldene Galerie im Schloss Charlottenburg ist zwar prächtig anzuschauen, schluckt aber manche Facette des Wohlklangs. In der angrenzenden Konzertkammer wäre das vielleicht anders, aber dort hätte allenfalls die Flötenrunde des Alten Fritz Platz, nicht ein an sich schon ausladender, zudem von 150 Gästen umringter Konzertflügel. Von den konservatorischen Problemen mal abgesehen, hängt doch neben anderen Kostbarkeiten auch der begehrte „Guckkastenmann“.

Eine hübsche dörfliche Genreszene, die der 1690 in Paris geborene, dort 1745 gestorbene Nicolas Lancret als eines seiner wenigen ganz und gar gelungenen Werke bezeichnet haben soll. Das fand Friedrich II. auch. Schon 1739, als nach Rheinsberg verbannter Kronprinz, hatte Friedrich Werke des Franzosen erworben. Der „Guckkastenmann“, ein Spätwerk Lancrets, wurde von ihm wahrscheinlich eigens für die Charlottenburger Konzertkammer gekauft. Nachweisbar ist es dort seit 1769. 1829 kam das Gemälde ins Berliner Stadtschloss, das 1928/29 erschienene Kunstlexikon Thieme/Becker nennt als Hängungsort das Neue Palais in Potsdam. Kurz zuvor war „Der Guckkastenmann“ beim Vermögensausgleich zwischen dem preußischen Staat und den Hohenzollern als Privatbesitz anerkannt worden, in den 80er Jahren wurde er verkauft.

Vor drei Jahren fragte die Schlösserstiftung bei einem New Yorker Kunsthändler an, ob er womöglich Kenntnis über die verschwundenen Gemälde Friedrichs II. aus der Konzertkammer habe, einst 25 an der Zahl. Einige waren in die Gemäldegalerie gewandert, andere gingen 1945 verloren. Mit dem „Guckkastenmann“sind zehn Originale versammelt.

Im Sommer 2001 überließ der Verkäufer, ein französischer Privatmann, das Gemälde der Stiftung bereits leihweise, seitdem hängt es am historischen Ort. Drei Millionen Dollar wollte der Mann anfangs haben, auf 1,975 Millionen konnte man ihn herunterhandeln. Mittlerweile ist die Finanzierung gesichert, wie man signalisierte. Die Lottostiftung hat, wie berichtet, exakt 1 278 229,70 Euro zur Verfügung gestellt, weitere Beträge kommen von den Freunden der Preußischen Schlösser und der Kulturstiftung der Länder. Noch bleiben aber 750 000 Euro übrig. Spendensammelaktionen wie das Benefizkonzert sollen den Aderlass lindern. Andreas Conrad Spenden an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Kontonummer 100 177 501 (Commerzbank Berlin, BLZ 160 400 00), Verwendungszweck: Spende für „Guckkastenmann“

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