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Die Friedrichswerdersche Kirche in Berlins Mitte.

© dpa

Friedrichswerdersche Kirche in Berlin-Mitte: Senat schließt weitere Schäden nicht aus

Berlins Senat geht bei Karl Friedrich Schinkels Meisterwerk, der Friedrichswerderschen Kirche, kalkulierte Risiken ein. Aus Sicht der Grünen und vieler anderer Kritiker ignoriert er damit "die Zerstörung des Baudenkmals".

Der Senat nimmt bei der Friedrichswerderschen Kirche in Mitte weiterhin hohe Risiken in Kauf. Das hat Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung jetzt auf eine Anfrage der Grünen im Abgeordnetenhaus hin bestätigt. „Es kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass durch das Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück . . . weitere Schäden an der Friedrichswerderschen Kirche entstehen können.“ Zugleich lehnt er jeden Eingriff in die zur Zeit im Bau befindlichen fünf- bis siebengeschossigen Luxus- Wohnhäuser neben dem denkmalgeschützten Gotteshaus ab. Damit erteilt er den Forderungen der Grünen zum Schutz von Carl Friedrich Schinkels besterhaltenem Berliner Sakralbau eine Absage.

Die grüne Fraktionschefin Antje Kapek konterte am Sonnabend scharf. „Der Senat ignoriert die Zerstörung von Berliner Baudenkmälern.“ Die Kirche werde „mit Ansage“ demoliert. Ebenso wie der Kunsthistoriker der Potsdamer Fachhochschule Michael Zajonz und andere namhafte Architektur- und Stadtplanungsexperten hatten die Grünen erneut einen vorläufigen Baustopp gefordert. Man müsse die Baumasse verringern, sie von der Kirche weiter abrücken und auf Tiefgaragen verzichten.

Schon 2012 hat sich die Kirche erstmals zur Seite geneigt

Wie berichtet, hatte sich die Kirche schon Ende 2012 während des Baus einer Tiefgarage für das erste eng angrenzende Luxusappartementhaus – die „Kronprinzengärten“ – zur Seite geneigt, Putz bröckelte, die Decke bekam Risse. Um den Einsturz zu verhindern wurde sie mit Betoneinspritzungen stabilisiert. Die Kronprinzengärten sollen 2016 fertig sein; seit Oktober wird an der Ostseite der Kirche in nur zehn Metern Entfernung ein weiterer gleichhoher Luxusbau mit Tiefgaragen errichtet, dessen Bau für das Gotteshaus weitere Risiken birgt, wie Staatssekretär Gaebler in seiner Antwort bestätigt. Er ist jedoch zuversichtlich, dass sich Schäden verhindern lassen. Man habe in der Kirche „zur Überwachung der Auswirkungen Messsysteme installiert“ , so dass man die Arbeiten im Notfall stoppen könne, schreibt er.

Der Platz vor der Friedrichwerderschen Kirche um 1850. Auch damals war die Kirche von Häusern umringt, diese waren aber nicht so gewaltig und hoch wie die jetzigen Neubauten. Außerdem passten sie architektonisch erheblich besser zu dem Gotteshaus.
Der Platz vor der Friedrichwerderschen Kirche um 1850. Auch damals war die Kirche von Häusern umringt, diese waren aber nicht so gewaltig und hoch wie die jetzigen Neubauten. Außerdem passten sie architektonisch erheblich besser zu dem Gotteshaus.

© Repro: Tsp

Dass Schinkels Meisterwerk zwischen den hohen Neubauten, die wie Betongebirge wirken, kaum noch zu sehen ist und aus dem Stadtbild verschwindet, scheint für den Senat kein Problem zu sein. Im Gegenteil. Gaebler preist die „Wiedergewinnung der historisch kleinteiligen, dicht bebauten Blockstruktur und urbanen Atmosphäre im Friedrichswerderschen Viertel“ an.

Die Grünen weisen das als „unverschämte Berufung auf die Historie“ zurück. Tatsächlich war die 1824-31 gebaute Kirche aber auch schon um 1850 zumindest von drei- bis vierstöckigen Häusern umringt – allerdings nicht ganz so eng und hoch wie jetzt. Außerdem passten die damaligen Gebäude architektonisch erheblich besser zu dem Gotteshaus. Nach dem Abbruch der angrenzenden DDR-Regierungsgebäude hatte man sich dann aber an den freien Blick auf die Schinkel-Kirche gewöhnt. Deshalb klagen Kritiker: „Nun wird man nie wieder freie Sicht auf die feingliedrige Kirchenfassade haben und die vom Abendlicht durchglühten Westfenster genießen können."

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