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Berlin: Frust in der Führungsetage

In der „Teppichetage“ des Berliner Polizeipräsidiums herrscht der Frust. Mit seiner überraschenden Ankündigung, die polizeiliche Führungsstruktur einer radikalen Reform zu unterziehen, hat Polizeipräsident Dieter Glietsch für Verstimmung beim Führungspersonal gesorgt.

In der „Teppichetage“ des Berliner Polizeipräsidiums herrscht der Frust. Mit seiner überraschenden Ankündigung, die polizeiliche Führungsstruktur einer radikalen Reform zu unterziehen, hat Polizeipräsident Dieter Glietsch für Verstimmung beim Führungspersonal gesorgt. Bei einer Besprechung im Polizeipräsidium habe er die Kollegen geradezu überfahren mit Plänen, die im April nächsten Jahres umgesetzt werden sollen. Eine Diskussion habe es nicht gegeben. „Vertrauensbildend ist das nicht gerade“, sagt einer.

Tatsächlich ist Glietschs Reform die umfassendste Veränderung der Leitungsstrukturen, die es seit zehn Jahren gegeben hat. Glietsch will „ökonomischere Strukturen“. Er lässt das Landesschutzpolizeiamt, oberste Führungsebene der Berliner Schutzpolizei, mit der Pensionierung ihres Direktors Gernot Piestert auflösen. Die Leiter der sieben Polizeidirektionen sind dann dem Polizeipräsidenten direkt unterstellt. Zugleich werden die bisher mehrere hundert Beamte umfassenden Leitungsstäbe aufgelöst und in einem einzigen zusammengeführt. Das überzählige Personal soll auf die Direktionen verteilt werden. Kein Wunder also, dass in der polizeilichen Führungsriege angespannte Stimmung herrscht. Manche Karriereplanung ist hinfällig. Michael Dörr, der bisherige Leiter des Präsidentenstabes, hat seinen Marschbefehl bereits in der Tasche. Er übernimmt in Kürze das Amt des pensionierten Leiters der Direktion 5 (Kreuzberg, Neukölln, Friedrichshain). Er sei dem neuen Polizeipräsidenten „zu ruhig“ gewesen und habe „zu wenig gepowert“, wird kolportiert. Sorge bereitet in der Direktion zudem, dass dem langjährigen Stabsarbeiter jegliche Erfahrung in der Führung schwieriger Grosseinsätze – wie etwa am 1. Mai – fehle. Anderthalb Jahre vor dem eigenen Ruhestand, so wird gesagt, empfinde Dörr seine Versetzung als Degradierung und sei völlig frustiert.

Ein anderer Beamter wird den Stabsposten, für den er bislang vorgesehen war, nun doch nicht antreten können. Auch Alfred Markowski, derzeit Leiter des polizeilichen Lagedienstes, wird sich mittelfristig auf eine neue Aufgabe einstellen müssen. Dem Vernehmen nach soll er die Führung der Direktion 3 (Wedding, Tiergarten, Mitte) mit dem Regierungsviertel übernehmen. Der jetzige Amtsinhaber, Jürgen Schubert, wird als zukünftiger Chef des geplanten Leitungsstabes gehandelt. Der Leiter der Direktion 7 (Hellersdorf, Marzahn, Hohenschönhausen, Lichtenberg) soll sich schon nach Brandenburg beworben haben. Und dem Chef der Landespolizeischule, so heißt es, sei die künftige Leitung der Direktion 1 (Reinickendorf, Pankow, Weißensee, Prenzlauer Berg) angetragen worden. Unklar ist, wie es mit Peter-Michael Haeberer, Direktor des Landeskriminalamtes, weitergehen wird. Haeberer, zur Zeit Vorgesetzter der Chefs aus den sieben örtlichen Direktionen, wird ihnen in der neuen Struktur gleichgestellt. Zugleich verliert er seine Kompetenz zur Steuerung der Kriminalitätsbekämpfung. Das übernimmt künftig der Polizeipräsident.

Glietschs Pläne werden von nicht wenigen in der Führungscrew gebilligt. Dass er seine Reformpläne in nur vier Wochen nach seinem Amtsantritt selbst entwickelt hat, glaubt niemand. Entweder, lautet ein gerücht, habe es ein „vorbereitetes Papier aus SPD-Kreisen“ gegeben, oder Glietsch habe im eigenen Haus Berater auf seine Seite ziehen können. Otto Diederichs

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