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Das Fluchtfahrzeug. Mit dieser C-Klasse von Mercedes rasten die Räuber davon, mittlerweile parkt er im Polizeipräsidium am Tempelhofer Damm. Lange wird er nicht da bleiben: Der Halter hat mit der Tat wohl nichts zu tun. Er soll sein Auto zurückbekommen.

© dpa

Fünfte Festnahme: Poker-Räuber: Polizei rechnet mit noch mehr Tätern

Nach der Festnahme eines Drahtziehers des Poker-Raubs gibt es Spekulationen über weitere Beteiligte. Der zuletzt Festgenommene fuhr das schwarze Fluchtauto. Die Beute ist weiterhin verschwunden.

Polizeiintern wird mit weiteren Verhaftungen wegen des Pokerraubs gerechnet. Nachdem vier unmittelbar beteiligte Verdächtige in Untersuchungshaft landeten, stellten Fahnder am Sonntag einen fünften Mann, der als Drahtzieher gilt. „Es wird aber weiter ermittelt, auch was die Zahl der Beteiligten angeht“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch am Montag im Abgeordnetenhaus.

Der zuletzt Festgenommene ist ein 28-jähriger Libanese, der das schwarze Fluchtauto nach dem Überfall im Hyatt-Hotel am Potsdamer Platz vor zwei Wochen gefahren habe. Er soll ein Onkel eines bereits verhafteten Räubers sein – die vier Heranwachsenden, die das Hotel gestürmt hatten, sind zwischen 19 und 21 Jahre alt. Sie sitzen getrennt im Moabiter Untersuchungsgefängnis. Außerdem soll am Abend des Überfalls am Pokertisch der Autorin Charlotte Roche ein 35-jähriger Mann, der als führendes Mitglied einer der einschlägig bekannten Familien gilt, gesessen haben. Unbestätigt ist, dass beim Pokerraub Angehörige zweier Familien beteiligt waren, denn meist konkurrieren diese heftig.

Unklar bleibe, wo die Beute von 242 000 Euro sei, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der 21-jährige Vedat S. hatte angekündigt, seinen Teil der Beute zurückzugeben. „Bis jetzt ist rein gar nichts passiert“, sagte Martin Steltner von der Staatsanwaltschaft. Vedat S. war vergangenen Montag als erster in Berlin gefasst worden und hatte nach Verhören seine Komplizen verraten. Durch sein Geständnis könnte ihn im Prozess durch die Kronzeugenregelung eine mildere Strafe erwarten. Möglicherweise befindet sich das Geld in den Händen einer mafiösen Großfamilie, aus deren Umfeld die Täter stammen sollen. Die am Samstag festgenommenen Mustafa U. und Jihad C. hatten vor ihrer Rückkehr nach Deutschland über Anwälte signalisiert, sich zu stellen – vermutlich auf Drängen von Angehörigen. Beide sind Samstag am Flughafen Tegel festgenommen worden, sie waren in die Türkei und den Libanon geflohen.

Die von Ermittlern als gefährlich eingestuften Großfamilien stammen aus dem arabisch-kurdischen Südosten der Türkei, Libanon und palästinensischen Flüchtlingslagern. Ein Dutzend dieser Großfamilien mit fast 4000 Angehörigen gibt es in Berlin. Die Familie Al-Z., bekannt durch Hochsicherheitsprozesse gegen deren „Präsidenten“, konkurriert mit der Familie Abu-C., die auch gut verdienende Rapper schützen sollen – gegen Geld. Ähnlich sei Familie Ch. aktiv, während die O.s in den spektakulären Juwelenraub im Kaufhaus des Westens verwickelt gewesen sein sollen. Ähnlich wie einige Rocker oder Russen seien diese Männer im Rotlichtbereich sowie als Schutzgeldeintreiber aktiv, sagen Ermittler. Sie kämpfen auch um Türen von Clubs, weil sie als Einlasser bestimmen, welche Geschäfte dahinter stattfinden. Dennoch gelten viele dieser arabischen Familien als dilettantisch.

„Das Milieu um die Pokerräuber ist dreist und entschlossen, aber ökonomisch kaum erfolgreich – die rauben Kioske aus und machen Straßendeals“, sagt ein Kenner. Anders als die Verdächtigen sollen Rocker in U-Haft ebenso eisern schweigen wie russische Gruppen. Bei Männern aus Osteuropa etwa gebe es anders als bei arabischen Familien auch Ex-Soldaten, Facharbeiter und Akademiker. „Deren Vorgehen ist weniger spektakulär, also professioneller, sicherer. Die Araber machen in Neukölln und Kreuzberg Geschäfte, die Russen in Mitte und Charlottenburg, die Rocker in den Randbezirken“, sagt der Kenner.

Die Polizeigewerkschaft sieht durch kriminelle Zuwandererfamilien, deren Einkommen nur aus Sozialhilfe oder kriminellen Geschäften bestehe, die Sicherheit gefährdet. Streit versuchen arabische Großfamilien ohne Polizei zu regeln. Vor zwei Jahren etwa sperrten junge Männer aus dem Umfeld der Familie Abu-C. einen säumigen Bekannten ein, dem sie 150 000 Euro geliehen haben sollen – für 20 000 Euro Zinsen. Im Keller einer Bar sollen sie ihn gefoltert haben, bis Verwandte das Geld zahlten.

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