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Berlin: Für Risiken und Nebenwirkungen haftet die Allgemeinheit

Von Ralf Schönball Der Druck auf die Fondsanleger der Bankgesellschaft wächst. Moralisch und politisch.

Von Ralf Schönball

Der Druck auf die Fondsanleger der Bankgesellschaft wächst. Moralisch und politisch. Zuletzt näherte sich die SPD der umstrittenen Position der „Initiative Berliner Bankenskandal“ an. Die Aktion um Politikprofessor Peter Grottian bedrängte die Fondszeichner: Sie sollen selbst für die Risiken ihrer Anlage einstehen, weil das Land andernfalls für ihre Erlöse mit Steuergeldern aufkommen muss. Ein Privileg, das kein anderer Fonds bietet.

Wie profitieren die Anleger von ihren Fonds? Wer 100000 Euro einzahlte und Spitzenverdiener war, der bekam bei den besten Fonds vom Fiskus die Hälfte davon als Steuererstattung zurück, weil Einlagen in Immobilienfonds damals steuerlich absetzbar waren. Die andere Hälfte des Fondsanteils (50000 Euro) konnte er mit einem Kredit der Bankgesellschaft bezahlen. Die dafür fälligen Zinsen betragen nach Angaben von Fondsexperte Stefan Loipfinger zwischen sieben und neun Prozent. Diese Kreditzinsen muss der Anleger aber nicht selber aufbringen: Er kann sie von der jährlichen Ausschüttung in Höhe von fünf Prozent der angelegten Gesamtsumme bezahlen. Kurz, wer viel verdiente, musste für seinen Fondsanteil nicht eine Mark selber zahlen. Dabei bleibt es die nächsten 25 Jahre. Danach bekommt der Anleger seine 100000 Euro aus dem Fonds, zahlt seinen Kredit zurück und behält den Rest. Garantiert, vom Land.

Da die Immobilien in den Fonds voraussichtlich nicht genug Miete einbringen, um das zu bezahlen, müssen die Steuerzahler nun bis zu 300 Millionen Euro aufbringen. Jährlich. „Kitas und Schwimmbäder werden geschlossen, damit die 70000 Anleger auf ihre Kosten kommen“, argumentiert die Initiative. Dabei würden nicht nur Verluste der Bank sozialisiert, sondern der Mangel werde auch noch umverteilt: Was den Fonds fehle, werde dem Sozialstaat weggenommen. Aus Sicht der Initiative sind die Fonds deshalb sittenwidrig. Allerdings wurden diese Produkte nicht etwa unter der Ladentheke von schillernden Anlageberatern vertrieben. Im Gegenteil: Die Berliner Bank, die Sparkasse und natürlich deren Immobilientöchter verkauften fast ein Jahrzehnt wie geschnitten Brot. Wer sein Geld zum Schalter trug, wie ein Tagesspiegel-Leser am Telefon berichtete, dem drängten Bankangestellte die Fondsanteile förmlich auf: „Ein todsicherer Tipp, die landeseigene Bank steckt dahinter!“ Unter der Hand wurden nur drei exklusive „Prominentenfonds“ gehandelt, die ausschließlich ausgewählte Politiker und Banker erhielten. Sie sind nur zu einem kleinen Teil schuld am Bankendesaster.

Die höchsten Verluste drohen dem Land wegen der vielen „Publikumsfonds“. Zu diesen griffen 70000 Anleger. Beileibe nicht alles Berliner mit dicken Brieftaschen. Zahnärzte, Rechtsanwälte und Banker, aber auch die Finanzbeamten, Rentner und Hausfrauen. Auch wenn die Initiative Berliner Bankenskandal just diese herauspickte und zusammen mit den privilegierten Zeichnern der Prominentenfonds auf „Schwarzen Listen“ beim n nannte. Im August will die Initiative sogar Spaziergänge zu den Bankchefs veranstalten, die diese Fonds zu verantworten haben (siehe Meldung oben rechts).

Diese statteten die Fonds mit Garantien aus, die es sonst am Markt nirgends gibt. Beispiel Mieteinnahmen. 25 Jahre lang steht die Bank dafür gerade, dass die Fonds genug Miete kassieren. Aber niemand weiß, ob eine Immobilie in fünf, zehn, oder 25 Jahren noch vermietet ist. Hat die Immobilie keinen Mieter, dann hat der Fonds kein Geld und kann seinen Anlegern nichts ausschütten. Jeder, der eine Immobilie besitzt, weiß: Das ist eben das Risiko. Dieses Risiko nahm erst die Bank und jetzt das Land den Anlegern ab.

Auch andere Fondsgesellschaften garantierten Mieteinnahmen. Aber nicht für 25 Jahre, sondern für fünf. Und der Garant ist meistens eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Deren Kapital beträgt oft nur das Nötigste. Ist dieses Geld verbraucht, muss der Anleger bluten. Das ist bei zahllosen Fonds der Fall. So erging es selbst Anlegern renommierter Häuser wie der Grundkredit- oder der Volksbank. Bei der Bankgesellschaft geschieht das nicht. Juristen sagen, weil es nicht geht. Für die Fonds gelte wie für die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und für die Landesbank: Bei einer Pleite zahlt das Land.

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