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Passagiere stehen am Flughafen Berlin-Tegel vor der Sicherheitskontrolle Schlange.

© Christoph Soeder/dpa

Update

Für Rückkehrer aus Risikogebieten: Berlin führt kostenlose Corona-Tests an Flughäfen und in Arztpraxen ein

Während die Bundesländer noch verhandeln, nimmt Berlin schon nächste Woche Corona-Tests bei Rückkehrern aus Risikogebieten vor. Auch Arztpraxen beteiligen sich.

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Berlin führt an Flughäfen und in Arztpraxen flächendeckend Corona-Tests für Rückkehrer aus sogenannten Risikogebieten ein. „Wir werden an den Flughäfen für diejenigen, die aus den Risikogebieten kommen, Test vornehmen“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstagmorgen im Spreeradio. „Wir sehen, wir müssen darauf reagieren, dass in anderen Ländern anders mit der Corona-Frage umgegangen wird.“

Schon bald soll es losgehen. „Wir sind schon seit vergangener Woche im Gespräch mit der Charité und der Flughafengesellschaft und koordinieren aktuell, wie, wo und ab wann wir die Teststellen für Reiserückkehrer aus Risikoländern in Tegel und Schönefeld installieren“, ergänzte Müller am Nachmittag im Roten Rathaus. „Unser Ziel ist es, dass wir zu Beginn der kommenden Woche dort Covid-19-Teststellen anbieten können.“

Es werde eine „indirekte Pflicht“ sein, sagte ein Senatsmitglied. Denn laut geltender Regelung müssen sich Rückkehrer aus Risikoländern in eine zweiwöchige häusliche Quarantäne begeben. Nur wenn sich die Rückkehrer testen lassen, können sie die Isolation umgehen.

Darüber hinaus kündigten Gesundheitsverwaltung und Kassenärztliche Vereinigung (KV) am Donnerstag an, dass symptomfreie Ein- und Rückreisende aus Risikogebieten mit Wohnsitz in Berlin sich kostenlos bei ihrem Hausarzt testen lassen können. Die Patienten müssten sich lediglich telefonisch anmelden und glaubhaft machen, dass sie in einem Risikogebiet waren. Eine entsprechende Vereinbarung stehe "kurz vor dem Abschluss", hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung.

Mit der Ankündigung unternimmt Berlin einen Alleingang unter den Bundesländern. In der Gesundheitsministerkonferenz unter dem Vorsitz von Senatorin Kalayci am Mittwoch einigten sich die Minister zwar generell auf Corona-Tests an Flughäfen, einen formalen Beschluss trafen sie aber noch nicht. Am Freitag haben sich die Gesundheitsminister erneut zu einer Schalte verabredet, um Details zu besprechen.

Ob gesetzlich oder privat versichert: Das Land Berlin zahlt

Alle Arztpraxen könnten sich freiwillig an den Tests beteiligen, betonten Gesundheitsverwaltung und KV. Nicht gemeint seien damit jedoch die 30 Covid-19-Praxen, denn diese dienten vor allem als Anlaufstellen für Menschen mit Symptomen und konkretem Covid-19-Verdacht.

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Ob jemand gesetzlich oder privat versichert ist, spielt keine Rolle. "Die anfallenden Kosten werden von den Praxen mit der KV Berlin abgerechnet", hieß es in der Mitteilung von Gesundheitsverwaltung und KV. Dabei übernehme das Land Berlin die Kosten für die Probenentnahme.

Zum Ferienende auch kostenlose Teste in Kliniken und Bezirken

„Wir müssen leider davon ausgehen, dass Reisende aus Ländern mit hohem Covid-19-Risiko das Virus nach Deutschland mitbringen“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). „Das gilt es einzudämmen.“ Sie dankte der Ärzteschaft für ihre Unterstützung.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide SPD).
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide SPD).

© Jörg Carstensen/dpa

Um der erhöhten Nachfrage zum Ende der Sommerferien gerecht zu werden, können die Tests dann auch bei den Teststellen an Krankenhäusern oder bezirklichen Teststellen durchgeführt werden. Im Übrigen können auch Personen, die von der Corona-Warn-App die Meldung „erhöhtes Risiko“ erhalten, zur Testung nach telefonischer Voranmeldung eine Vertragsarztpraxis aufsuchen. Die Kosten zur Durchführung dieser Tests übernehmen für gesetzlich Versicherte die Krankenkassen. Privatversicherte müssen die Kosten in diesem Fall selbst tragen.

Für die Kosten der Tests an den Flughäfen kommt ebenfalls Berlin auf. „Das wird von uns, dem Land, bezahlt“, sagte Müller im Spreeradio. Er warb um Verständnis für diese Maßnahme: „Um viele Menschen zu schützen, müssen einige das jetzt in Kauf nehmen. Wer in ein Risikogebiet gereist ist und sich dort frei bewegt hat, muss verstehen, dass hier viele Menschen weiter den Gesundheitsschutz erleben müssen.“

Cottbuser Familie infizierte sich im Mallorca-Urlaub

Hintergrund ist die Gefahr, dass Urlauber und Reisende aus Risikogebieten das Virus nach Deutschland bringen könnten. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass eine Cottbuser Familie sich im Mallorca-Urlaub infiziert hatte. In der Stadt in Brandenburg hatte es zuvor mehr als drei Monate keinen Corona-Fall gegeben.

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Nach Ansicht des Brandenburger Gesundheitsministeriums ist die Diskussion über Corona-Tests für Reiserückkehrer an Flughäfen noch nicht abgeschlossen. „Es gibt noch viele offene Fragen“, sagte Ministeriumssprecher Gabriel Hesse am Donnerstag in Potsdam. Eine große Frage sei zum Beispiel, wie mit Auto-, Bahn- und Schiffsreisenden umgegangen werde. „Bei Reiserückkehrern aus Risikogebieten geht es nicht nur um den Flugverkehr.“

Die Frage sei auch, ob es nur um Corona-Risikogebiete gehe. Einen Beschluss gebe es bisher noch nicht. Er verwies darauf, dass die Gesundheitsminister am Freitag weiter beraten wollten.

Amtsarzt: „Fachlich ist das überhaupt nicht nachvollziehbar“

Der Berliner Amtsarzt Patrick Larscheid hat die geplanten Corona-Tests an Flughäfen für Rückkehrer aus Risikogebieten scharf kritisiert.

„Fachlich ist das überhaupt nicht nachvollziehbar“, sagte der Mediziner, der als Amtsarzt für den Bezirk Reinickendorf mit dem Flughafen Tegel zuständig ist, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. „Diese Testung schafft es nicht, Sicherheit herzustellen.“

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Larscheid verwies darauf, dass die angestrebten Tests eine Momentaufnahme seien. Theoretisch müssten die Menschen über Tage und Wochen mehrfach getestet werden. Die Betreffenden würden jedoch nach dem Test am Flughafen von der eigentlich vorgeschriebenen 14-tägigen häuslichen Quarantäne befreit, ohne dass es Sicherheit gebe.

„Das ist ein schwerwiegendes Problem. Es ist nicht sicher, dass auf diese Weise das Zeitfenster der Infektion erfasst wird.“ Weiteres Problem: Eine Vielzahl von Tests habe mehr falsche positive Tests zur Folge. (mit dpa)

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