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Eingang zur Gedenkstätte und dem Museum Sachsenhausen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in dem Oranienburger Stadtteil.

© Patrick Pleul/dpa

Für Toleranz und gegen Rassismus: Bewerbungsfrist für Franz-Bobzien-Preis endet am 27. September

Zum sechsten Mal schreiben die Stadt Oranienburg und die Gedenkstätte Sachsenhausen den Franz-Bobzien-Preis aus. Es geht um den Einsatz für Demokratie.

Willy Brandt kannte er persönlich, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen wurde er im Untergrund aktiv. Wegen seines Widerstands gegen das NS-Regime war der Lehrer und Sozialist Franz Bobzien ab 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg inhaftiert und half dort jugendlichen Mitgefangenen.

Ein ehemaliger Insasse des KZ Sachsenhausen aus Polen schilderte Bobzien als einen Deutschen, der ihnen gezeigt habe, dass es „in dieser finsteren Zeit ein anderes Deutschland“ gegeben habe.

Als er zur Bombenräumung nach Berlin geschickt wurde, starb er am 28. März 1941 im Alter von 35 Jahren bei einer Explosion. Seit 2010 ehrt die Stadt Oranienburg Franz Bobzien mit einem nach ihm benannten Preis. Im April 2020 wird der Franz-Bobzien-Preis zum sechsten Mal vergeben – zum 75. Jahrestages der Befreiung des KZ Sachsenhausen. Der Tagesspiegel unterstützt den Preis als Medienpartner.

Franz Bobzien, 1906 in Hamburg geboren, Lehrer, in den letzten drei Jahren seines Lebens politischer Häftling im Konzentrationslager Sachsenhausen, wo er polnischen Jugendlichen half, die deutsche Sprache zu erlernen und den Lageralltag zu überstehen.
Franz Bobzien, 1906 in Hamburg geboren, Lehrer, in den letzten drei Jahren seines Lebens politischer Häftling im Konzentrationslager Sachsenhausen, wo er polnischen Jugendlichen half, die deutsche Sprache zu erlernen und den Lageralltag zu überstehen.

© Gedenkstätte

Mit der Auszeichnung wollen die Stadt Oranienburg sowie die Gedenkstätte Sachsenhausen Projekte in Brandenburg und Berlin würdigen, die in einem besonderen Maße zu Demokratie, Toleranz und Vielfalt beitragen – besonders, wenn es gelingt, die Aufarbeitung des Nationalsozialismus und seiner Folgen in Deutschland mit der Gegenwart zu verknüpfen.

"Abwesenheit von Toleranz führt ins Unglück"

„Wer sich Oranienburgs Geschichte anschaut, sieht, wie eine Stadt unter gelebter Toleranz aufblühen und wie sie unter Intoleranz zu einem Ort werden kann, an dem die schlimmsten Verbrechen geschehen", sagt Oranienburgs Bürgermeister Alexander Laesicke. „Nur eine Gesellschaft, die verschiedene Meinungen und Lebensformen als Bereicherung empfindet, kann am Ende gewinnen. Die Abwesenheit von Toleranz führt ins Unglück", sagt Laesicke.

„Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, die Fragen nach Ursachen und Strukturen, die den Zivilisationsbruch des Holocaust ermöglicht haben, sind ein wesentlicher Bestandteil unserer auf Demokratie, Toleranz und Menschenrechten basierenden Gesellschaft", sagt Axel Drecoll, Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen. „Mit dem Franz-Bobzien-Preis wollen wir daher die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen und Projekte würdigen, die mit Engagement und Empathie diese Geschichte bearbeiten und an die Opfer erinnern."

Zynische Inschrift am ehemaligen Lagertor des KZ Sachsenhausen, der heutigen Gedenkstätte.
Zynische Inschrift am ehemaligen Lagertor des KZ Sachsenhausen, der heutigen Gedenkstätte.

© ddp

Schirmherr über die Ausschreibung ist Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Weitere Unterstützer sind das Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit Brandenburg, der von Dirk Behrendt (Grüne) geführte Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, der Berliner Ratschlag für Demokratie, der Deutsche Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg (DGB) und der Zentralrat der Juden in Deutschland.

Hier können sich Projekte bewerben

Bewerben können sich Vereine, Schulen, Bildungseinrichtungen, Initiativen und Einzelpersonen aus Brandenburg oder Berlin. Die Wettbewerbsteilnehmer können sich als Projektträger direkt bewerben oder vorgeschlagen werden. Als Wettbewerbsbeiträge müssen konkrete Projekte eingereicht werden, die nach dem 1. Januar 2018 durchgeführt wurden und entweder abgeschlossen sind oder zumindest eine erfolgreiche Teilumsetzung vorweisen können.

Das Preisgeld für das Gewinnerprojekt beträgt 3000 Euro. Die Zweit- und Drittplatzierten erhalten attraktive Sachpreise. Bewerbungsschluss ist der 27. September 2019. Alle weiteren Informationen zur Bewerbung findet man im Internet unter www.oranienburg.de/bobzienpreis.

Block 38 auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen. Hier war zunächst die Quarantänestation, in die die jugendlichen Polen eingewiesen wurden. Später wurden sie in der (heute nicht mehr vorhandenen) Jugendbaracke 61 interniert, in der Franz Bobzien als Blockältester fungierte.
Block 38 auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen. Hier war zunächst die Quarantänestation, in die die jugendlichen Polen eingewiesen wurden. Später wurden sie in der (heute nicht mehr vorhandenen) Jugendbaracke 61 interniert, in der Franz Bobzien als Blockältester fungierte.

© Schlegel

Wegen ihrer Geschichte sieht sich die Stadt Oranienburg in einer besonderen Verantwortung. Im März 1933 hatte die SA im Stadtzentrum das erste Konzentrationslager errichtet. Von 1936 an baute die SS am Stadtrand das Konzentrationslager Sachsenhausen auf. Es diente als Modell- und Schulungslager, 200.000 Menschen waren dort inhaftiert, Zehntausende kamen ums Leben.

Daneben befand sich gleich neben dem Konzentrationslager ab 1938 die SS-Verwaltungs- und Führungszentrale für sämtliche Konzentrationslager - kurz: die Inspektion der Konzentrationslager.

Nach der Befreiung des Konzentrationslager errichtet der sowjetische Geheimdienst dort ein Speziallager. Nicht nur Nazis, Vertreter des Hitler-Regimes und Kriegsverbrecher, sondern auch politisch Missliebige waren dort inhaftiert. 12 000 der insgesamt 60 000 Gefangenen starben an den Folgen der Haftbedingungen in dem Lager.

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