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Berlin: Fürs Leben gezeichnet

Das Älterwerden ist ein Witz – zumindest in Erich Rauschenbachs Büchern. Heute feiert der Karikaturist seinen 60. Geburtstag – und hat einen neuen Band herausgebracht

Früher war Erich Rauschenbach Stammgast im „Engel Gabriel“. Die Kneipen in der Pariser Straße und am Stuttgarter Platz: „Das war meine Welt. Da kannte jeder jeden“, sagt der Karikaturist. Und keiner ging nach Hause, bevor er nicht vom müden Wirt hinauskomplimentiert wurde. Hier hat Rauschenbach nächtelang den Gesprächen am Tresen gelauscht, sich Anregungen für das Zeichnen geholt. Heute geht er nicht mehr so viel aus. „Am Adenauerplatz, wo ich wohne, ist tote Hose.“ Das ist ein Grund. Der andere ist die Kondition, sagt er. Heute wird Rauschenbach 60.

Nun lässt er es ruhiger angehen, steht früher auf, setzt sich an seinen Schreibtisch in Wilmersdorf, „und wenn was kommt, kommt was“, sagt er. Und wenn nicht, dann eben nicht. Seit dem Studienabschluss 1973 in Grafikdesign arbeitet Rauschenbach als Illustrator und Karikaturist für Buchverlage, Zeitungen und Zeitschriften. Einige Jahre lang zeichnete er auch politische Karikaturen für den Tagesspiegel. Mehr als 50 Bücher hat er veröffentlicht. Und mit der Erfahrung stellt sich auch im Beruf des Humoristen irgendwann Routine ein.

Dennoch: Klasse muss schon sein. Die Karikaturen und Cartoons, die Rauschenbach zu seinem Geburtstag in seinem neuen Buch „Sechzig und noch voll im Saft!“ gesammelt hat, stecken daher voller skurriler Alltagsbeobachtungen, sind „von den kleinen Zipperlein“ inspiriert, die sich zunehmend in das Leben einmischen. Mehr will er aber nicht verraten. „Es sind schon ein paar Sachen von mir in dem Buch. Ich sage aber nicht, welche.“ Der humoristische Umgang mit dem Älterwerden ist eins von Rauschenbachs Lieblingsthemen. Der Midlife-Crisis des modernen Mannes widmete er vor 20 Jahren ein ganzes Buch: „Vollkommen fix und vierzig“ verkaufte sich bis heute rund 800000-mal. Vor zehn Jahren veröffentlichte er dann „Kann denn Fünfzig Sünde sein?“ Heute, noch zehn Jahre später, flößt ihm auch der 60. Geburtstag keinen Respekt ein. In Zukunft will er mehr malen. Und sich nicht mehr so viel in Berlin aufhalten. Spätestens nach drei Monaten Stadtleben zieht es ihn in sein Haus in Südfrankreich. Seit 1953 lebt der gebürtige Sachse in Berlin. Seine Mutter war mit ihm damals aus der DDR in den Westteil übergesiedelt.

Für Rauschenbach ist der Geburtstag eine willkommene Gelegenheit, sich und andere auf die Schippe zu nehmen. „Es tröstet doch, dass es allen so geht. Ich bin ja nicht der erste, der 60 wird“, sagt er lachend. Der Humor ist für ihn auch immer ein Weg, mit den Unwägbarkeiten des Lebens fertig zu werden. „Man tobt sich auf dem Papier aus. Das erspart den Psychiater“, so seine Theorie. Auf eine Formel will er seinen Stil aber nicht bringen. Das überlässt er anderen. Die sagen oft zu ihm: „Woher weißt du, was bei uns im Schlafzimmer passiert?“ Ja, woher eigentlich? Rauschenbach hat selbst keine Idee und gibt sich bescheiden. „Ich freue mich immer nur, wenn jemand lacht.“

Thorsten Wiese

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