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Über Mobilfunkmasten lassen sich Handynutzer lokalisieren. Polizei und Staatsanwaltschaft in Berlin nutzen das massenhaft - zum Ärger von Datenschützern.

© picture alliance / dpa

Funkzellenabfrage: Berliner Polizei sammelt immer öfter Mobilfunkdaten

Die Abfrage von Mobilfunkdaten ist für Polizei und Staatsanwaltschaft in Berlin Routine: Die Zahl der Fälle steigt, Justizsenator Heilmann hätte gern noch mehr.

Handys werden für Polizei und Staatsanwaltschaft immer wichtiger. Genauer gesagt: Die Handys der anderen. In 500 Verfahren haben die Behörden im vergangenen Jahr sogenannte Funkzellenabfragen durchgeführt. 2013 waren es noch 305 Verfahren, im ersten Quartal dieses Jahres schon 167. Das steht im Bericht der Justizverwaltung, der am Dienstag durch den Senat ging und nun dem Abgeordnetenhaus zugeleitet wird.

Nach Auskunft des Oberstaatsanwalts Michael von Hagen, der die Abteilung für Mord- und Totschlagsermittlungen leitet, wurden dank der Abfragen spektakuläre Verbrechen aufgeklärt, darunter der Mord an einer jungen Pferdewirtin in Lübars: Über Handydaten des schon früh ins Visier geratenen Haupttäters seien die Ermittler auf die Spur einer Mittäterin gekommen, die später als Kronzeugin maßgeblich zur Aufklärung beigetragen habe.

Tausende Handys können erfasst werden

Beim bewaffneten Raubüberfall auf ein Einfamilienhaus habe der Mittäter auf dieselbe Weise ermittelt werden können. Ebenso habe man einen professionellen Autoschieber, mehrere Serienräuber sowie den Vergewaltiger einer Zehnjährigen überführt.

Bei der Abfrage einer Funkzelle werden für einen bestimmten Zeitraum die darin angemeldeten Handys erfasst. Das können tausende sein, etwa am Alex, aber auch deutlich weniger, wenn die – über die Mobilfunkantennen der Umgebung definierte – Zelle etwa ein Waldgebiet umfasst. Im ersten Schritt werden bei den Mobilnetzbetreibern nur die Nummern der anwesenden Handys abgefragt – mit richterlicher Genehmigung, die den Ermittlern 2014 laut Justizverwaltung in keinem Fall verweigert worden ist. Erst im nächsten Schritt wird die anonymisierte Abfrage personalisiert. Das geschieht beispielsweise, wenn dasselbe Handy mehrfach am Ort von Überfällen aufgetaucht ist. Ein Richter muss für diesen Schritt nicht extra gefragt werden.

Meist ging es um Betrug, Raub, Einbrüche und Drogenhandel

Die massenhafte Abfrage von Handydaten war erstmals im Zusammenhang mit der Autobrandserie 2011 publik geworden. Vor allem die Piraten lehnen sie ab, weil sie zunächst in der Mehrzahl unbescholtene Bürger erfassen und die Basis für komplette Bewegungsprofile sein kann. Auf die Piraten geht die später auch von SPD und CDU beschlossene Forderung nach den Jahresberichten zurück.

Unter den 500 Verfahren des Vorjahres dominieren Ermittlungen wegen Betruges sowie Raub. Auch beim Kampf gegen Einbrecherbanden und Drogendealer wurde sie dutzendfach genutzt. Hinzu kommen Einzelfälle wie Geldwäsche, Geheimnisverrat, vorsätzliche Körperverletzungen und ein Landfriedensbruch.

Für Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) zeigt die Bilanz der Ermittler den Nutzen der Abfragen. „Meiner Meinung nach sollten sie nicht reduziert, sondern ausgeweitet werden.“ Der Grundrechtseingriff sei seiner Meinung nach so gering, dass Heilmann laut über eine eigene Form der „Vorratsdatenspeicherung“ nachdenkt: Warum nicht zu jedem Einbruch die anonyme Funkzellenabfrage für den Tatort in die Akte legen? Sieben Prozent Aufklärungsquote sind für ihn ein ebenso starkes Argument wie die nullprozentige Chance, nach mehr als zehn Wochen noch an die Daten zu kommen: Dann werden sie nach den Plänen der Bundesregierung künftig gelöscht; zurzeit sind sie noch deutlich schneller weg.

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