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Berlin: Fusion macht nicht reicher, aber glücklich

Berliner Politiker halten am Zusammenschluss fest und sind beunruhigt über die Brandenburger Zweifel

Von Sabine Beikler

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagt es gern mit dem Satz: „Tun sich zwei arme Länder zusammen, dann werden sie dadurch vielleicht nicht reicher, aber dafür glücklich.“ Nachdem nun sein Brandenburger Parteifreund, der Ministerpräsident Matthias Platzeck, am Mittwoch nach einer gemeinsamen Kabinettsitzung vom Fahrplan der Länderfusion abgerückt war, schaute Klaus Wowereit gar nicht mehr glücklich aus. Ein trotziges „Berlin ist gut aufgestellt“ kam ihm über die Lippen. Selbstverständlich stehe Berlin zum geplanten Zeitplan – 2006 Volksabstimmung zur Fusion, 2009 Zusammenschluss von Berlin und Brandenburg. Alles andere sei Sache Brandenburgs. So heißt es offiziell aus der Berliner Senatskanzlei: Wir mischen uns nicht ein.

Hat der „Überraschungscoup“ von Platzeck nach der Kabinettsitzung die Berliner wirklich so hart getroffen? Man siehts in der SPD zumindest sehr gelassen: Die Landtagswahlen in Brandenburg stehen vor der Tür, mit dem Fusions-Thema in den Wahlkampf zu ziehen, damit machen die SPD-Genossen in der Uckermark oder Lausitz „keine großen Schnitte“, sagt ein führender SPD-Mann. Und dass Platzeck in Sachen Fusions-Fahrplan seinen Vize Jörg Schönbohm (CDU) „fest an meiner Seite hat“, wie er noch Mitte Oktober 2002 versicherte, daran glaubt in Berlin auch niemand mehr.

Ungeachtet wahltaktischer Überlegungen hält Berlins SPD-Fraktionschef Michael Müller Platzecks Äußerung für einen „Fehler“. Müller hat wiederholt seine Befürchtungen geäußert, dass die Volksabstimmung zur Länderfusion über 2006 hinaus verschoben wird. Das sei viel zu spät. „Dann laufen wir Gefahr, dass die Vereinigung auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird.“ Für Müller liegen die Vorteile der Fusion auf der Hand: eine gemeinsame Wirtschaftsförderung, weniger Konkurrenz, schlankere Verwaltungen und Entbürokratisierung.

Dass der 50-Milliarden-Schuldenberg Berlins auf die Motivation Brandenburgs für eine Fusion keinen beflügelnden Effekt hat, gibt die Berliner Politik gern zu. Doch verweisen alle optimistisch auf die in Karlsruhe vor dem Verfassungsgericht anhängige Klage über 35 Milliarden Euro Finanzhilfe von Bund und Ländern. Und vor drei Monaten machte Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) vor dem parlamentarischen Ausschuss, der die Fusion vorbereitet, den Brandenburgern ein verlockendes Angebot: Die Länderfusion würde „zwei Milliarden Euro jährlich“ einsparen. Ob die Brandenburger tatsächlich die Fusion wollen, das sei jetzt die Frage, sagte PDS-Politikerin Martina Michels, Mitglied im Berlin-Brandenburg-Ausschuss und stellvertretende Parlamentspräsidentin. „Wenn die politisch Verantwortlichen sich schwer tun und immer wieder auf die Bremse treten: Was sollen davon die Brandenburger in der Peripherie halten?“ Darin sind sich auch CDU-Politiker Frank Henkel, FDP-Fraktionschef Martin Lindner und Grünen-Politiker Michael Cramer einig: Ohne Fusion hat die gesamte Region keine Chance. Doch habe man noch nicht viel Engagement bei den Brandenburger gemerkt, aktiv für die Fusion einzutreten. Die Bevölkerung müsse man „emotional“ überzeugen. Mit seinen Äußerungen aber stoße Platzeck genau in die andere Richtung.

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