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Berlin: Ganz weit weg? Schnell und billig? Geduld!

Beim Last-Minute-Tag am Schönefelder Flughafen waren die Schalter überfüllt. Doch nur wenige fanden ihr Wunschangebot

Dann eben doch die Ostsee. Die Trapps wirken etwas ermattet. Eine Dreiviertelstunde standen sie am Flughafen Schönefeld an, um eine Reise zum Super-Billig-Preis zu buchen – vergeblich. Ein 14-tägiger Tripp, egal wohin, ist für die dreiköpfige Familie aus Eberswalde nicht mehr zu haben. Nicht in den Sommerferien und nicht für das Trappsche Preislimit von 2000 Euro. „Nur noch ausgesucht teure Hotels“, sagt Anja Trapp, die noch nicht aufgeben will. Vielleicht klappt es ja bei der nächsten Schlange…

Die Reisebüros des Schönefelder Flughafens sind beim Last-Minute-Aktionstag am Sonnabend hoffnungslos überfüllt. Bis zu 20 Leute warten vor den einzelnen Schaltern. Im Hintergrund dröhnt Boney M. „Hooray – It’s a holi-holiday.“ Von Reise-Unlust in Zeiten knapper Kassen ist im Schönefelder Terminal A nichts zu spüren.

Klagten die großen Reiseveranstalter in den ersten Wochen des Jahres noch über bis zu zweistellige Umsatzeinbußen, so zog das Geschäft in den vergangenen drei bis vier Wochen kräftig wieder an. „Wir sind voll bis zum Dach“, hieß es am Freitag bei Passat-Reisen in Kreuzberg, „Wir sind rappelvoll“ bei der Flug-Börse in Neukölln. Die Berliner, so das Fazit des Deutschen Reisebüro- und Veranstalter-Verbandes, fahren nur unmerklich weniger in Urlaub, dafür aber preiswerter und vor allem: kurzfristiger.

„Ich buche nicht, wenn ich nicht weiß, ob ich in einem halben Jahr noch ein Job habe“, sagt Karsten Thulke, der mit seiner Freundin in Schönefeld nach einem günstigen Angebot sucht. In drei Tagen will das Paar – ein durchtrainierter Bodybuilder und eine gepflegte Blondine – in den Süden aufbrechen. Gefunden haben sie bislang noch nichts. 900 Euro wäre den beiden der gemeinsame Urlaub wert. „Doch dafür kriegen wir nur Hotels, die schon im Katalog abschreckend wirken“, sagt der Grünauer. Auch er will heute noch in einem weiteren Reisebüro sein Glück versuchen.

„Die aktuelle Situation in der Haushaltskasse entscheidet, ob jemand wegfährt oder nicht“, sagt Rocco Schettler, Leiter der Berliner First-Reisebüros. Mitunter auch der Arbeitgeber, der Ferientermine nur nach Auftragslage vergibt. Für die Mitarbeiter der Reisebüros bedeutet das Wühlarbeit in den Katalogen. Denn der preisbewusste Kunde ist oftmals auch ein selbstbewusster Kunde. „Die Leute, die zu uns kommen“, so drückt es eine Mitarbeiterin vorsichtig aus, „sind irgendwie fordernder geworden.“ Nicht immer jedoch stimmen Anspruch und Reiseangebot über ein.

Das billigste Angebot gibt es am Sonnabend in die Türkei – eine Woche im Zweisternehotel für 379 Euro. Allerdings: Angebote wie diese gelten oft nur für einen Tag. „Weiter warten lohnt nicht“, heißt bei den Veranstaltern. „Billiger wird es nicht mehr.“ Die Gronebergs müssen nicht länger warten. Sie haben am Sonnabend den erträumten Kenia-Urlaub gebucht. Zwei Wochen, drei Leute, 2091 Euro – Andreas Groneberg ist begeistert. Vor ein paar Jahren hat er fast das Dreifache bezahlt.

Frauke Herwig

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