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Berlin: „Garantien für Sorglos-Fonds sind rechtswidrig“

Der Rechtsanwalt und Verwaltungsrechts-Experte Wolfgang Siederer: EU-Kommission hätte Renditeversprechungen genehmigen müssen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die hoch attraktiven Gewinngarantien der „Rundum-Sorglos-Fonds“, die von der Landesbank Berlin (LBB) und den Immobilientöchtern der Bankgesellschaft verkauft wurden, sind möglicherweise rechtswidrig. Nach Meinung des Rechtsanwalts Wolfgang Siederer handelt es sich bei diesen Garantien, mit denen tausende Privatanleger angelockt wurden, um staatliche Beihilfen.

Siederer ist ein renommierter Experte für das Vergabe- , Beihilfe und Umweltrecht, der mit dem Verfassungsrichter Klaus-Martin Groth in einer großen Berliner Sozietät zusammenarbeitet. Die „marktunüblichen Renditegarantien“ gegenüber Fondsgesellschaften und -zeichnern hätten „vor Auflegung der Immobilienfonds und vor Abschluss der Verträge“ von der EU-Kommission genehmigt werden müssen, schrieb Siederer dem Tagesspiegel. Eine solche Notifizierung sei nicht erfolgt. Der Anwalt verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshof vom 4. April 2003. Darin wurde der Kaufvertrag für eine staatlich geförderte Agrarfläche, die dem europäischen Beihilferecht unterlag, im Nachhinein für nichtig erklärt. Denn das entsprechende Förderprogramm, das den Grundstückspreis erheblich drückte, war von der EU-Kommission nicht genehmigt worden.

Unter diesem Gesichtspunkt sei „die Wirksamkeit der von den Unternehmen der Bankgesellschaft abgeschlossenen Garantievereinbarung in der öffentlichen Diskussion bisher nicht problematisiert worden“, merkte Siederer in seinen „spontanen Anmerkungen eines neugierigen Beobachters“ an. Der Senat könne nicht für beliebige Gewinnzusagen an Private gegenüber der Bankgesellschaft haftbar gemacht werden.

Eine solche Haftung „für markt- und bankunübliche Spekulationsgeschäfte einer Aktiengesellschaft“ verstoße nicht nur gegen EU-Recht, sondern auch gegen nationales Verfassungsrecht. „Ein schutzwürdiges Vertrauen der Anleger, dass letztlich das Land Berlin für ihre risikobehafteten Investitionen einsteht, ist vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen“, meint Siederer. Diese Ansprüche der Fondszeichner könnten zumindest auf ein angemessenes Maß beschränkt werden.

Wie berichtet, wollen schon jetzt 650 Zeichner von Bankgesellschafts-Fonds auf Schadenersatz klagen. Seit 2002/03 zahlen einige Fondsgesellschaften keine Gewinnausschüttungen, weil sie diese aus eigener Kraft nicht mehr erwirtschaften können. Nun soll der Bankenkonzern bzw. das Land Berlin für die großzügigen Fonds-Garantien einstehen. Doch bisher floss aus öffentlichen Mitteln kein Euro in die Taschen der ziemlich nervösen Fondsanleger.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), der froh ist um jeden Zahlungsaufschub, teilt die Einschätzung Siederers aber nicht. Die Finanzverwaltung stützt sich dabei auf das – für Normalsterbliche kaum durchschaubare – Haftungsgeflecht zwischen Anlegern, Fondsgesellschaften, Landesbank, Immobilientöchtern und Bankgesellschaft. Letztlich kommt die Behörde zu dem Schluss, dass die umfassende staatliche Haftung für alle deutschen Landesbanken (die so genannte Anstaltslast und Gewährträgerhaftung) eine Beihilfe sei, „die zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung als genehmigt gilt“. Demnach könnten auch die Weitergabe der Vorteile dieser staatlichen Finanzgarantien an die Kunden der LBB als genehmigte Beihilfe angesehen werden.

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