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GAZETELER Rückblick: Die Türken an die Urnen gerufen

Wie türkische Blätter über den Volksentscheid zum Flughafen berichten

Über das Schicksal des Flughafens Tempelhof haben am Sonntag auch die Berliner Türken abgestimmt. Wie viele wahlberechtigte Deutsch-Türken sich beteiligt haben, ist offen. Doch auch die türkischen Blätter haben bei der Stimmungsmache heftig mitgemischt, um ihre Leser zu mobilisieren. „Abstimmung ist heute!“ prangte beispielsweise am Sonntag in großen Buchstaben auf der Website der Berliner Internetzeitung „ha-ber.com“.

Für die Berliner Türken gab es in der vergangenen Zeit diverse Angebote, sich über den Volksentscheid zu informieren: Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg etwa organisierte Anfang April eine Podiumsdiskussion zu der Frage, ob Tempelhof geschlossen werden solle oder nicht – worüber man dann in fast allen türkischen Zeitungen nachlesen konnte.

Die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses, Dilek Kolat (SPD), Evrim Baba (Die Linke) und Bilkay Öney (Grüne) argumentierten – natürlich – für eine Schließung. Auf dem Podium fehlte allerdings ein Kandidat der FDP, die ja, wie die CDU, den Flugbetrieb aufrechterhalten will. So saß der Vertreter der Christdemokraten, Ertan Taskiran, mit seiner Meinung ziemlich alleine da – schlug sich aber wacker: „Vor allem wichtige Wirtschaftsverbände und Unternehmen wie die Industrie- und Handelskammer Berlin, Handwerkskammer und Deutsche Bahn möchten, dass der Flughafen für Geschäfts- und Privatflieger erhalten bleibt“, sagte er. Deshalb dürfe Tempelhof nicht geschlossen werden.

Aber auch die „Initiative City-Airport Tempelhof“ (Icat) hat versucht, die Türken auf ihre Seite zu ziehen. „Bei der Kampagne gegen die Schließung von Berlin Tempelhof kommen auch türkischsprachige Plakate zum Einsatz“, kündigte die „Hürriyet“ Mitte April an. Die Plakate wurden vor allem in Kreuzberg und Neukölln aufgehängt und zeigten einen berühmten Slogan des Staatsgründers Atatürk: „Die Souveränität liegt bedingungslos beim Volk!“ Zudem hatte die Befürworter-Organisation Icat türkischsprachige Flyer verteilt. Auf dem Flyer las man, eingearbeitet in die Abbildung einer Flughafen-Anzeigentafel, den Aufruf: „Sie werden umgehend zum Wahllokal gebeten“.

Samstag waren in einem Kreuzberger Lokal, das stark von Türken frequentiert wird, von einem einst riesigen Flyer-Stapel nur wenige Exemplare übrig. Auch unter den Berliner Türken gab es unterschiedliche Gründe, für oder gegen Tempelhof zu stimmen: „Ich bin für den Erhalt, weil der Flughafen eine wichtige Geschichte hat“, sagte eine junge, türkischstämmige Frau. Der Besitzer eines Zeitungsladens in Schönberg erklärte, dass er den Flughafen behalten will, weil er Bekannte hat, die dort Läden betreiben, für die dann das Geschäft zu Ende wäre. Ein anderer Türke verkündete auf dem Weg zur Urne: „Ich will keinen Flughafen nur für Reiche.“ Offenbar hat die Kampagne doch Wirkung gezeigt.Suzan Gülfirat

Suzan Gülfirat

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