zum Hauptinhalt

Berlin: Gazeteler Rückblick: Wie die türkische Inflation nach Deutschland kam und wieder verschwand

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.Die türkischen Zeitungen in Deutschland haben in der vergangenen Woche eine erfolgreiche "Pass-Kampagne" durchgeführt.

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.

Die türkischen Zeitungen in Deutschland haben in der vergangenen Woche eine erfolgreiche "Pass-Kampagne" durchgeführt. Der türkische Staat musste nach heftigen Protesten Preiserhöhungen für Dienstleistungen der Generalkonsulate zurücknehmen.

Zwar hat die türkische Regierung im Zuge einer allgemeinen Preiserhöhung zur Sanierung des türkischen Haushalts die Gebühren in den Ämtern erhöht. Dazu zählen auch die türkischen Generalkonsulate im Ausland. Für bestimmte Leistungen steigen die Gebühren sogar um mehr als 100 Prozent. Beispielsweise sollte in Deutschland die Verlängerung der Gültigkeit eines türkischen Reisepasses um fünf Jahre statt 100 Mark von heute auf morgen 225 Mark kosten. Eine fünfköpfige Familie sollte für die Verlängerung ihrer Pässe um fünf Jahre also 1225 Mark bezahlen.

Deshalb riefen die Tageszeitungen Hürriyet, Milliyet, Türkiye und Sabah alle Türken in Europa zum schriftlichen Widerstand auf. Sie veröffentlichten die Faxnummer der türkischen Ministerien und der Botschaften in Europa. Die Hürriyet (Auflage um 100 000) verglich dabei den türkischen und den deutschen Reisepass: "Der eine fünf Mal so teuer wie der andere. Der Preisgünstigere dafür viel nützlicher." "Sind wir die Melkkühe der türkischen Regierung?", zitierte am Dienstag die Tageszeitung Türkiye aufgebrachte Türken.

Am Mittwoch fingen die türkischen Journalisten schließlich den stellvertretenden türkischen Ministerpräsidenten Mesut Yilmaz am Flughafen Tegel ab, als er für einige Tage nach Berlin kam. Er habe von der Gebührenerhöhung in Europa nichts gewusst, berichtete die Hürriyet, was überzeugend klang, weil auch alle anderen Blätter Yilmaz so zitierten: "Mit der Erhöhung der staatlichen Gebühren sind wohl auch die Gebühren in Europa gestiegen. Bis ich von hier wieder abgereist bin, werden sie wieder gesenkt." Am Sonnabend hieß es in den Blättern, dass von Montag an, also heute, in Europa wieder die alten Gebühren gelten.

Upps, das war wohl ein kleines Versehen. Das soll wohl heißen, dass die Gebührenerhöhung nicht für Europa-Türken gilt. Die Menschen in der Türkei aber machen solche krassen Preiserhöhungen seit Jahrzehnten mit. Naja, wenigstens hat die Kampagne der Zeitungen in Deutschland den Türken hier etwas genutzt. "Die Passverlängerung für fünf Jahre kostet in Deutschland 113 Mark", rechnete die Hürriyet aus. Die "Preisänderung" hänge mit dem derzeitigen Wechselkurs zusammen, hieß es für Wirtschaftslaien etwas unverständlich. Eines ist jedoch gewiss: Nicht einmal ein Wirtschaftprofi versteht, wie ein Staat mit solch einem chaotischen Haushalt funktionieren will.

Suzan Gülfirat

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false