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Berlin: Gedenktag 8. Mai: FDP rückt vom eigenen Antrag ab

Liberaler Fraktionschef in Steglitz-Zehlendorf entschuldigt sich. CDU-Bürgermeister unter Druck

Die FDP-Fraktion im Bezirk Steglitz-Zehlendorf hat sich von ihrem umstrittenen Antrag zum 60. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai distanziert, den sie gemeinsam mit der CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingebracht hatte. Kay Heinz Erhardt, Fraktionschef der Liberalen in der BVV, entschuldigte sich dafür, dass seine Fraktion „durch unklare oder interpretationsfähige Formulierungen im Antragstext zu dieser Kontroverse beigetragen“ habe. Seine Fraktion hatte geschlossen für den Antrag gestimmt, „weil die Opposition den Aspekt Flucht und Vertreibung vollkommen ausklammern wollte, statt eigene Vorschläge zu unterbreiten“. In ihrem BVV-Antrag hatten CDU und FDP gefordert, am Tag der Befreiung vom Nazi-Regime zugleich der deutschen Opfer der Roten Armee zu gedenken.

Auch Martin Lindner, Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Abgeordnetenhaus, erklärte: „Es gibt keinen Zweifel, dass dieser BVV-Beschluss zum 60. Jahrestag der Befreiung Mängel hat.“ Man dürfe am 8. Mai außer der Befreiung vom Naziregime auch deutscher Opfer gedenken. „Aber in einem solch sensiblen Kontext ist es wichtig, welchen Ton man anschlägt.“ Er hätte es gerne gesehen, so Lindner, „wenn man die sachliche Kritik gleich ernst genommen und den Beschluss neu und unmissverständlich formuliert hätte“.

Unterdessen gerät nach dem CDU-Bezirksverordneten Torsten Hippe, dem wegen seiner Äußerungen zur NPD der Parteiausschluss droht, nun auch Bezirksbürgermeister Herbert Weber (CDU) parteiintern zunehmend unter Druck. „Herr Weber hat sich in dieser Angelegenheit sehr unklug verhalten“, sagt einer, dessen Wort in der Landes-Partei etwas gilt. „Er hat zu lange zugesehen, als der Streit eskalierte.“ Jemand aus dem Kreis der CDU-Abgeordneten sagt: „Es wäre die Aufgabe eines so ranghohen Mannes in der BVV gewesen, die Gefahr dieser Debatte zu erkennen.“ Stattdessen habe Weber zu lange öffentlich geschwiegen, statt sich vom umstrittenen Wortlaut des Antrages zu distanzieren.

Weber selbst äußerte sich gestern auf Anfrage nicht. Norbert Kopp, der Fraktionschef der Christdemokraten in der BVV, sagt: „Es ist Sache des Bezirksbürgermeisters selbst, wie er sich verhält. Die Fraktion steht hinter Herrn Weber.“ Monika Grütters dagegen, die kulturpolitische Sprecherin der Landes-CDU, bemängelt, „dass dieser Streit völlig unnötig eskaliert ist. Denn Parteien aller Fraktionen liegen in der Sache nicht so weit auseinander.“

Genau das aber hatte Weber nach jener Sitzung bestritten, in der die BVV den kritisierten Mehrheitsbeschluss von CDU und FDP bestätigte. „Man konnte ja heute wieder sehen, dass die SPD und die Grünen in dieser Frage auf Konfrontation aus waren – und nicht auf eine sachliche Auseinandersetzung.“ Dass die Koalition den auch in den eigenen Reihen umstrittenen Beschluss nicht neu formuliert hat, hatte Weber mit Zeitdruck begründet. „Wir müssen schnell ein Konzept für den 8. Mai finden.“ CDU-Landeschef Joachim Zeller hatte Weber wiederholt gegen Rücktrittsforderungen verteidigt.

Marc Neller

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