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Berlin: Gefängnisse vor dem Kollaps – Berlin baut neue Haftanstalt Nach jahrelangen Verzögerungen haben sich Justizsenatorin und Finanzsenator jetzt geeinigt. Für 87 Millionen Euro sollen in Großbeeren 650 Plätze entstehen

Über die Zustände in Berlins rappelvollen Gefängnissen haben die obersten Gerichte deutliche Worte gefunden: menschenunwürdig, rechts- und verfassungswidrig. Deshalb soll jetzt umgesetzt werden, was von der Politik auf die lange Bank geschoben worden war: Die Heidering-Anstalt in Großbeeren wird gebaut.

Über die Zustände in Berlins rappelvollen Gefängnissen haben die obersten Gerichte deutliche Worte gefunden: menschenunwürdig, rechts- und verfassungswidrig. Deshalb soll jetzt umgesetzt werden, was von der Politik auf die lange Bank geschoben worden war: Die Heidering-Anstalt in Großbeeren wird gebaut. „Die derzeitigen Zustände sind nicht mehr haltbar“, sagte Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) im Gespräch mit dem Tagesspiegel, das der RBB am Sonntag ausstrahlt.

Bei den so genannten Chefgesprächen zum neuen Haushalt einigten sich Schubert und Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) darauf, für die Vorbereitungsphase im Jahr 2006 rund eine Million Euro, 2007 dann vier Millionen Euro bereitzustellen. Die reinen Baukosten des neuen Gefängnisses belaufen sich auf schätzungsweise 87 Millionen Euro – Personal noch nicht eingeschlossen.

Die Pläne für Großbeeren mit seinen 650 Haftplätzen im geschlossenen Männervollzug liegen seit Jahren in der Schublade: Das Gelände im Süden der Stadt gehört dem Land , die Gemeinde ist mit dem Bau einverstanden, es existiert sogar ein genehmigter Bebauungsplan. Aus Kostengründen aber hatte bereits die rot-grüne Koalition das Projekt 2001 zurückgestellt. Auch Rot-Rot einigte sich später darauf, Großbeeren in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu bauen – wogegen laut Justizsprecherin Susanne Gerlach trotz der neuesten Pläne auch nicht verstoßen werde. „Der Spatenstich erfolgt erst in der nächsten Legislaturperiode.“ Wann der Neubau fertig sei, steht noch nicht fest.

Zuletzt im vergangenen Februar hatte die Zahl der Berliner Gefangenen einen neuen Höchststand erreicht: 5474 Menschen verteilten sich auf 5020 Haftplätze. In den vergangenen Jahren mussten wegen der Überlegung immer wieder hunderte Häftlinge entlassen werden. Trotzdem sind bis heute in der JVA Tegel – Deutschlands größer Justizvollzugsanstalt – viele Einzelzellen doppelt belegt. Angesichts der Enge warnte der Leiter der JVA Tegel im März vor drohenden Häftlingsrevolten und Geiselnahmen. „Ich bin sehr sicher, dass der kritische Punkt bald erreicht sein wird“, sagte Klaus Lange-Lehngut.

Unterstützung haben die Gefangenen auch von juristischer Seite bekommen: Laut Bundesverfassungs- und Berliner Kammergericht verstößt die Unterbringung von zwei Gefangenen in einer Zelle ohne baulich abgetrennte Sanitäranlagen gegen die Menschenwürde. Deshalb führe kein Weg an Großbeeren vorbei, sagt Schubert. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“ Seit 1990 habe sich die Zahl der Gefangenen nahezu verdoppelt. Jetzt müssen dem Gefängnisneubau in Großbeeren noch der Senat und das Abgeordnetenhaus zustimmen.

Das Pressegespräch mit Justizsenatorin Karin Schubert sendet Info-Radio am Sonntag um 11.05 Uhr.

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