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Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) will den Bezirken weniger Geld geben als ursprünglich geplant.

© Mike Wolff

Gegen die Koalitionslinie: Finanzsenator will Bezirken Millionenzuschlag streichen

In den kommenden zwei Jahren sollen die Bezirke laut Koalitionsplänen 50 Millionen Euro erhalten. Finanzsenator Ulrich Nußbaum hält diesen Zuschuss aber für überflüssig - ganz zum Ärger der Bezirke.

Die zwölf Berliner Bürgermeister witterten einen weiteren Affront: Aus allen Teilen der Stadt waren sie zu ihrer turnusmäßigen Sitzung ins Rote Rathaus gekommen, und ausgerechnet die Finanzverwaltung war nicht vertreten – trotz der aktuellen Haushaltsquerelen. „Wir waren entgeistert“, beschreibt der Bürgermeister von Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinhard Naumann (SPD), die Reaktion der Runde. Sein Parteifreund Stefan Komoß aus Marzahn-Hellersdorf spricht von „flächendeckender Empörung“.

Eigentlich wollten die Bürgermeister mit der Finanzverwaltung über den Doppelhaushalt 2012/13 sprechen und über die zusätzlichen 50 Millionen Euro, die ihnen die Regierungsfraktionen geben wollen. Denn Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hält diese Summe für überflüssig und begründet dies mit den neuen Jahresabschlüssen der Bezirke für 2011. Aus ihnen geht nämlich hervor, dass Überschüsse von insgesamt 23 Millionen Euro erwirtschaftet wurden.

Nußbaum führt diese Überschüsse vor allem auf den Personalabbau der Bezirke zurück und lobt diese Sparsamkeit. Die Bezirke halten dieses Lob allerdings für „doppelt irrsinnig“, wie sich Komoß ausdrückt. „Die Bezirke wollten einstellen, durften aber nicht.“ So seien Nachbesetzungen frei gewordener Stellen durch Vorgaben der Finanzverwaltung verhindert worden. Deshalb sei Nußbaums Verweis auf die angeblich nicht benötigten Personalmittel eine „Unverschämtheit“, findet auch der Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, Norbert Kopp (CDU).

Das ist aber noch nicht alles. Die Bezirke ärgern sich auch deshalb, weil Nußbaum stets aufs Neue betont, dass die Bezirke auskömmlich finanziert seien. Für 2011 hätten sie nur nach Protesten 93 Millionen Euro zusätzlich bekommen, betont Kopp. Von diesem Betrag seien jetzt letztlich 70 Millionen Euro verbraucht worden. Die genannten 23 Millionen wurden – wegen der Stellenbesetzungsprobleme – nicht ausgegeben. „Das bedeutet doch, dass wir ursprünglich mit 70 Millionen Euro unterfinanziert waren“, fasst Kopp zusammen. Der Finanzsenator betreibe „Volksverdummung, von der sich die Haushälter aber nicht blenden lassen“.

Tatsächlich sieht es nicht so aus, als ließen sich die Parlamentarier von ihrem Vorhaben abbringen, den Bezirken 50 Millionen Euro für 2012 und 2013 zukommen zu lassen. Die Überschüsse von 2011 änderten nichts daran, „dass die Koalition den Mehrbedarf der Bezirke anerkennt“, sagte SPD–Fraktionschef Raed Saleh auf Anfrage. Im Übrigen sei dieser Betrag längst in den Bezirkshaushalten fest eingeplant. Ähnlich sieht das Florian Graf. Der CDU-Fraktionschef sagte, er sei „sicher“, dass die 50 Millionen Euro in den Haushaltsberatungen durchgesetzt würden. Es gehe schließlich „um die Stabilisierung der Bürgerarbeit“.

„Wir wollen keine goldenen Türklinken, sondern nur die normalen Leistungen erbringen“, sagt auch Oliver Igel. Der neue SPD-Bürgermeister von Treptow-Köpenick verweist auf die steigenden Kosten, etwa bei den Hilfen zu Erziehung. Wenn dort der Bedarf steige, sei es keineswegs so, dass das Land die Mehrausgaben voll überweise, vielmehr würden nur Durchschnittssätze zugrunde gelegt, die nicht immer reichten. Sein Bezirk hat 2011 allerdings mit 5,7 Millionen Euro das größte Defizit aller Bezirke eingefahren. Igel erklärt dies damit, dass Treptow-Köpenick 2011 „nicht genug Haushaltsdisziplin“ gehabt habe. „Wir müssen darauf achten, dass das nicht wieder passiert“. Allerdings kann der Bezirk auf ein Guthaben von 4,5 Millionen Euro aus vergangenen Jahren zurückgreifen. Für 2012/13 kündigt Igel Einsparungen im Grünflächen- und Tiefbaubereich an.

„Zum strikten Konsolidierungskurs gibt es keine Alternative“, betonte Nußbaums Sprecher Philip Husemann. Dazu gehöre, dass weiter Personal abgebaut werden müsse. Sowohl die Hauptverwaltungen als auch die Bezirke müssten ihren Teil beitragen, wenngleich das ein „zuweilen schmerzhafter Prozess ist“.

Wenigstens in einem Punkt konnte die Finanzverwaltung am Donnerstag die Wogen glätten. Die Abwesenheit beim Rat der Bürgermeister sei keineswegs beabsichtigt gewesen, beschwichtigte Husemann. Der Termin sei „durchgerutscht“, weil er von 10 auf 9 Uhr vorverlegt worden sei.

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