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Gegen Extra-Geld: FDP-Abgeordneter verklagt eigene Fraktion

Der der FDP-Abgeordnete und ehemalige Fraktionschef Hans-Peter Goetz will Extra-Geld für Leitungsjobs stoppen. Der Präzedenzfall hat Folgen fürs gesamte Parlament.

Um offenkundig verfassungswidrige Zulagen für das Spitzenpersonal der Fraktionen im Landtag Brandenburgs zu stoppen, zieht der FDP-Abgeordnete und ehemalige Fraktionschef Hans-Peter Goetz vor das Landesverfassungsgericht. „Ich werde definitiv Klage einreichen. Sie ist praktisch fertig“, bestätigte Goetz, von Beruf Rechtsanwalt, am Freitag dem Tagesspiegel. Letzter Auslöser für den ungewöhnlichen Schritt ist, dass bei der gerade von allen Parlamentsparteien präsentierten „großen Diätenreform“ für das Parlament die strittigen Funktionszulagen für Vize-Fraktionschefs, parlamentarische Geschäftsführer und andere Funktionäre wieder nicht angetastet werden. Dabei hatte sie das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2000 – am Beispiel Thüringens – als grundgesetzwidrig erklärt. Lediglich für Fraktionschefs machte Karlsruhe eine Ausnahme.

Goetz hatte seine Klage schon Anfang 2011 angedroht, aber abgewartet, ob die angekündigte Reform der Abgeordnetenversorgung den Missstand beseitigt. Wie berichtet, sollen nach dem Allparteienplan nun zwar im Gegenzug für eine fast verdoppelte Grunddiät (7500 Euro statt 4503 Euro) bisherige Zusatzpauschalen für alle Abgeordneten wegfallen und die Altersversorgung der Abgeordneten radikal umgestellt werden (private Vorsorge statt Pensionen aus der Landeskasse), womit sich das Parlament als Vorreiter für andere Länder sieht. Umso größer ist das Unverständnis bei Goetz, dass in diesem Zuge nicht gleich die offenkundig verfassungswidrigen Funktionszulagen ausgeschlossen werden. Stattdessen soll es, wie bisher, den Fraktionen überlassen bleiben, ob sie Führungsleuten solche Zusatzsalärs zahlen. „Man hätte es elegant bereinigen können. Es bleibt alles beim Alten. Das ist nicht hinnehmbar“, sagte Goetz. „Wir nehmen sonst weiter billigend in Kauf, dass die Verfassung gebrochen wird.“

Die Klage gilt als aussichtsreich. Selbst ein Gutachten des parlamentarischen Beratungsdienstes im Landtag kam zum Ergebnis, dass die bisherige Praxis aller Fraktionen im Landtag mit Ausnahme der Grünen dem Karlsruher Urteil widerspricht. Das Gleiche hatten auf Tagesspiegel-Anfrage der Parteienkritiker Hans- Herbert von Arnim und der frühere Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch bestätigt, der am Karlsruher Präzedenzurteil vom 21.Juli 2000 (Az. 2 BvH 3/91) persönlich beteiligt war. Darin wird auf den Artikel 38 des Grundgesetzes verwiesen, nachdem alle Abgeordneten gleich sind, sie und damit ihre Wähler, gleich behandelt werden müssen. Dagegen werde verstoßen, wenn über Zulagen Hierarchien von Abgeordneten gebildet werden. „Alle Argumente treffen für Brandenburg zu“, argumentiert Goetz. Sein Schritt ist ungewöhnlich. Da nur Betroffene vor das Verfassungsgericht ziehen können, muss er die eigene FDP- Landtagsfraktion verklagen, weil sie Zulagen an die Vize-Fraktionschefin und die Geschäftsführerin zahlt – und so seine Rechte verletze. Gleichwohl wäre das Urteil des Verfassungsgerichtes ein Präzedenzfall für den ganzen Landtag. Bislang hat die SPD unter den 30 Abgeordneten sechs „Besserverdiener“. Bei der CDU sind es sieben von 19, bei den Linken sechs von 25. Goetz weiß, dass er sich keine Freunde macht.

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