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Berlin: Gehag-Mitarbeiterin lehnte Familie als Mieter ab

Drei Kinder seien den Nachbarn nicht zuzumuten. Unternehmen distanziert sich von diesem Vorgehen

Alles hörte sich so gut an: Als „traumhafte Familienwohnung“ wird die 4-Zimmer-Wohnung in Wilmersdorf auf der Internetplattform „immoscout“ angepriesen. 102 Quadratmeter für 714 Euro, Familie Dohle mit ihren drei Kindern im Alter von acht, sechs und einem Jahr war angetan. Sie schauten sich die Wohnung an und hätten sie gerne gemietet – zumal sich in der Wohnanlage am Südwestkorso ein riesiger Innenhof mit Rasenfläche befindet. „Endlich können die Kinder unbeaufsichtigt zum Spielen in den Hof“, dachte Yvonne Dohle, 36 Jahre alt. Endlich würden die beiden älteren Kinder nicht mehr warten müssen, bis ein Erwachsener sie zum Spielplatz begleitet. Vielleicht könnte man ja sogar eine Schaukel auf der Rasenfläche aufstellen.

Im Büro der Wohnungsbaugesellschaft Gehag, die die Wohnung vermietet, wurde die Familie mit der Realität konfrontiert. „Auf dem Hof können keine Kinder spielen“, habe die Gehag-Mitarbeiterin ihr mitgeteilt, sagt Yvonne Dohle. Der Hof sei nicht als Spielplatz ausgewiesen und außerdem könne man spielende Kinder der überalterten Nachbarschaft nicht zumuten. „Wir haben nun mal eine überalterte Klientel in Wilmersdorf“, habe ihr die Verwalterin gesagt, das müsse man akzeptieren. „Kein Wunder, dass niemand mehr Kinder bekommen will“, sagt Yvonne Dohle, „wenn das Umfeld derart kinderunfreundlich ist“. Sie beschwerte sich beim Vorgesetzten der Mitarbeiterin. Dieser versicherte ihr, dass Familien mit Kindern bei der Gehag willkommen seien und dass sie die Wohnung mieten könnten. Aber in einer solchen Umgebung wollen die Dohles, die nach eigener Auskunft schon häufiger wegen ihrer Kinder Probleme bei der Wohnungssuche hatte, nicht leben. Jetzt suchen sie weiter.

„Kinder sind bei uns immer willkommen“, versichert auch Gehag-Sprecher Henryk Tabaczynski. Er kann nicht glauben, dass der Satz mit dem Hinweis auf die überalterte Klientel in Wilmersdorf gefallen ist. Und wenn, dann habe Frau Dohle sicherlich etwas missverstanden. Aber grundsätzlich sei es nun einmal so, dass Kinder nur in den Hinterhöfen spielen dürften, in denen ein Spielplatz eingerichtet ist. Einfach so auf den Rasenflächen spielen, gehe nicht. Denn dadurch würden „Pflegekosten“ entstehen, die dann alle Mieter zahlen müssten.

Dass ein Vermieter so offen eine Familie ablehnt, ist nach Auffassung von Hartmann Vetter, dem Chef des Berliner Mietervereins, eher selten. Normalerweise werde eine Ablehnung gar nicht begründet, damit es auch keine Anfechtungsgründe gibt. Für den abgelehnten Mieter gebe es aber auch keine rechtliche Handhabe, dagegen vorzugehen.

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