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Berlin: Geisterstunde im Pixelpark

Es sieht aus, als würde die Oberbaum-City einen Hauptmieter verlieren. Ein Regionalmanager soll Kunden locken

Ein Torbogen führt durch die prächtig hergerichteten Fabrikgebäude in einen kahlen Innenhof. Der Stadtlärm bleibt draußen. Dabei sollte es brummen in der Oberbaum- City. Aber abgesehen vom Rauschen eines Lüfters ist es still, beinahe totenstill.

Früher wurden hier an der Warschauer Straße Glühlampen produziert. Nach der Wende nahm sich die zur Hypovereinsbank gehörende HVB-Immobilien des heruntergekommenen Areals an und baute die backsteinernen Fabrikgebäude der Narva zu Büros, Lofts und Einzelhandelsflächen um. Der Ansturm der Interessenten blieb beherrschbar, aber verschiedene traditionelle Unternehmen und New-Economy-Firmen siedelten sich an – darunter der gefeierte Internet-Dienstleister Pixelpark, der seine Zentrale in das Gebäude zu Füßen des markanten Glasturmes verlegte. Jetzt soll sie dicht gemacht werden.

Noch ist der Rückzug von Pixelpark mit seinen 125 Berliner Mitarbeitern nicht offiziell. Bis zur Vorlage der neuen Quartalszahlen Ende des Monats will das Unternehmen auch keine Gerüchte kommentieren. Aber der Aktienkurs erzählt einen Teil der Geschichte: 185 Euro kostete das Papier im März 2000. Am vergangenen Freitag waren es 1,20 Euro, gestern 92 Cent.

Einen anderen Teil der Geschichte erzählt ein junger Mann in ausgewaschener Jeans und schwarzer Strickjacke, der vor dem Nachbareingang von Pixelpark seine Raucherpause verbringt. Er arbeitet bei GFT, einem IT-Unternehmen aus Sankt Georgen im Schwarzwald. „Wir machen genau das Gleiche wie Pixelpark. Halt bloß ein bisschen erfolgreicher“, sagt er ohne Häme. GFT habe sich weniger auf Wachstum und mehr auf die eigenen Leistungen konzentriert und sei deshalb zwar nicht so berühmt geworden wie Pixelpark, aber dafür am Ende des Booms weicher gefallen. GFT sei als Untermieter von Pixelpark in die Oberbaum-City gezogen, weil der bruchgelandete Überflieger weniger Platz brauche als früher und aus dem Mietvertrag nicht so schnell herauskomme. Pixelpark äußert sich dazu nicht, und eine HVB-Sprecherin sagt, solche Untervermietungen seien in schlechten Zeiten normal. Alles in allem seien etwa 70 Prozent des 46 000-Quadratmeter-Areals vermietet, ein Zehntel davon an Pixelpark. Und demnächst stehe ein bedeutender Vertragsabschluss mit einem amerikanischen Konzern bevor.

Vielleicht steigt dann auch der gefühlte Vermietungsgrad. Der Friedrichshain-Kreuzberger Wirtschaftsstadtrat Lorenz Postler (SPD) bleibt jedenfalls optimistisch. Planungen mit Anschutz und Behala seien „in der Pipeline“, und für die leer stehenden Büros gebe es „auf jeden Fall Interessenten“. Damit diese künftig einen festen Ansprechpartner haben, will der Bezirk einen mit Bundesmitteln finanzierten „Regionalmanager“ für den gesamten Spreeraum zwischen Elsen- und Schillingbrücke einstellen. Dessen Büro plus Ausstellung sollte nach Postlers Vorstellung in den Glasturm ziehen, so lange der nicht für andere Interessenten gebraucht würde. An diesem Freitag sollen Einzelheiten ausgehandelt werden; im Frühjahr könnte der Regionalmanager seine Arbeit aufnehmen.

Wie viele Pixelpark-Mitarbeiter dann noch in der Oberbaum-City sein werden, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Die trendy Bar in der Lobby scheint bereits stillgelegt; die Schalensitze zwischen den hantelförmigen Designer-Stehlampen bleiben leer. Immerhin brennt noch Licht, ist der Empfang noch besetzt. In dem stillen Hinterhof, wo einst der gescheiterte Pixelpark-Ableger Venturepark residierte, ist die Überwachungskamera allein zurückgeblieben. Nicht einmal die Aufzüge fahren los. Als wüssten sie, dass niemand mehr oben ist.

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