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Geldtransport-Prozess: Die Räuber waren von Geldgier getrieben

Vor dem Landgericht hat gestern der Prozess um tödliche Schüsse auf einen Wachmann begonnen. Die Täter planten den Überfall bis ins Detail. Den drei Männern droht lebenslange Haft.

Die Männer planten den Überfall auf den Geldtransport bis ins Detail. Sie fuhren sogar zum späteren Tatort und spielten alles durch. In ihrer Gier nach Geld schoben die Mittfünfziger alle Bedenken beiseite. „Ich wollte mal schnell zu viel Geld kommen“, erklärte Walter L. vor Gericht. „Es lief dann aber alles anders.“ Gemeinsam mit Bernd Fredi M. und Jens-Olaf S. muss er sich seit gestern wegen Raubmordes verantworten.

Der Geldbote Gerhard W. starb bei dem Überfall im Kugelhagel. Der 53-jährige Familienvater hatte keine Chance. Einer der drei Räuber, die ihn am Vormittag des 29. Oktober vor der Postfiliale in der Oranienburger Straße in Reinickendorf überfielen, war mit einer Kalaschnikow bewaffnet. Fünf von mindestens 13 Kugeln trafen den Geldboten. Er starb noch am Tatort. Die Täter flohen mit 242.000 Euro Beute.

Sie hätten den Tod des Boten nicht gewollt, beteuerten die Angeklagten. Sie hätten an einen Überfall „ohne Gewalt“ gedacht und damit gerechnet, dass der Geldbote ein „älterer, gesetzter Herr“ sein würde, der beim Anblick einer Waffe ohne Gegenwehr den Geldkoffer rausrücken würde. „Es kam aber einer, der entschlossener wirkte.“ Als Bernd Fredi M. und Jens-Olaf S. aus einem Gebüsch sprangen und auf ihn zuliefen, habe der Wachmann geschossen. „Ich zog das Gewehr, um uns zu verteidigen“, behauptete Walter L., der mutmaßliche Todesschütze, der sich am Eingang der Filiale postiert hatte.

Verteidiger sagten am Rande des Prozesses: „Die Angeklagten wollen sich nicht rausreden.“ Doch Mörder seien sie nicht. „Zuerst schoss wohl der Geldbote, dann kam das Manöver.“ Eine Notwehr sei das natürlich nicht, stellte einer der Anwälte schnell klar und sprach von „Rettung“. Während Walter L. und Jens-Olaf S. in ihren Erklärungen beschrieben, wie sie „völlig am Ende“ im Fluchtauto gesessen hätten, der eine „wie Espenlaub zitterte“ und der andere „Weinkrämpfe bekam“, fasste sich Bernd Fredi M. kurz: „Die Tat ist nicht zu entschuldigen.“

Die Angeklagten sind 53, 54 und 56 Jahre alt. Viel Geld hatten sie wohl noch nie. Zwei von ihnen sind seit Jahren arbeitslos, S. arbeitete als Aushilfskraft in einem Friseursalon. Er und sein langjähriger Kumpel Walter L. trafen sich häufig zu einem gemeinsamen Frühstück in einer Laube in Lübars. Mit Waffen und Gewalt hatte bis dahin nur Bernd Fredi M. zu tun. Er hatte 1993 bei einem Überfall auf eine Woolworth-Filiale auf den Geschäftsführer geschossen und ihn fast umgebracht. Wegen Mordversuchs wurde er zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Bernd Fredi M. und Walter L. waren mit Fahrrädern unterwegs, als ihnen die Idee kam. Der Fluchtweg sei für sie günstig gewesen, gestanden sie. Die Kalaschnikow will L. Wochen zuvor von einem „Albaner oder Araber“ erhalten haben. Sie hätten das Gewehr aber gar nicht oder „nur als Drohkulisse“ einsetzen wollen. Alles sei anders gekommen, weil S., ihr dritter Mann, nicht pünktlich war.

Geldbote Gerhard W. war auf dem Weg zur Post, als die Täter zuschlugen. „Er wurde angesprochen und ließ die Tasche fallen“, sagte der 59-jährige Kollege des Opfers. Schüsse seien gefallen. „In dem Moment griff ein Mann vor der Filiale in eine Kiste.“ Walter L. habe ohne Vorwarnung abgedrückt. „Er schoss auch noch, als mein Kollege keine Waffe mehr hatte.“ Alle drei Angreifer erlitten Verletzungen. Blutspuren führten bald zu Festnahmen. „Ich war zu gierig auf Geld“, erklärte L. Nie werde er sich die Tat verzeihen. Ihm droht wie seinen Komplizen lebenslange Haft. Der Prozess wird morgen fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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