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Fusionäre? Für Matthias Platzeck und Klaus Wowereit hat der Zusammenschluss Brandenburgs und Berlins keine höchste Priorität. Foto: ddp

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Berlin: Gemeinsam wären sie stark

Die Fusion von Berlin und Brandenburg würde sich lohnen: Das ostdeutsche Schwergewicht entstünde

Eins zumindest ist sicher. Brandenburg wird, frei nach Theodor Fontane, schon bald ein weites Feld sein. Fernab von Berlin wird die Mark noch menschenleerer, Naturschützer prägten kürzlich den Begriff vom „Wolfserwartungsland“ – umso enger wird es im „Speckgürtel“ um die Metropole in der Mitte. Und nichts deutet darauf hin, dass sich dieser demografische Mega-Trend, den auch die jüngste Bevölkerungsprognose „Brandenburg 2030“ wieder beschrieb, einmal umkehren oder gar verlangsamen könnte. Obwohl das Umland nur zehn Prozent der Landesfläche ausmacht, wird dann etwa jeder zweite Brandenburger dort leben. Fast eine Million Menschen werden 2030 am Rande der Hauptstadt leben, schätzt man, eine viertel Million mehr als heute. Schon jetzt pendeln täglich 100 000 Menschen täglich zur Arbeit nach Berlin. Läuft es fast zwangsläufig auf eine Vereinigung Brandenburgs mit Berlin heraus?

Fast 15 Jahre ist es nun her, dass der erste Anlauf gescheitert war. An dieser Ablehnung hat sich seitdem, die letzte Umfrage vom Juli 2010 sah Befürworter in Brandenburg bei 44, die Ablehner bei 50 Prozent, bis heute nichts geändert. Zwar seien die Länder heute Partner in zahlreichen Feldern, mit einer „regelrechten Fusionswelle zu gemeinsamen Institutionen“, heißt es in der Prognos-Studie. Tatsächlich gibt es zwischen Berlin und Brandenburg Verflechtungen wie nirgendwo sonst in der Bundesrepublik, ob mit Behörden, Verkehrsverbund, Landesplanung, Obergerichten, gemeinsamen Prüfungen oder dem BBI in Schönefeld. Dennoch, so Prognos, „eine Fusion der beiden Länder wird es in absehbarer Zeit trotzdem nicht geben.“ Die Vorbehalte in der Bevölkerung, die in einer Volksabstimmung ein positives Votum abgeben müsste, seien „zu groß“. Tatsächlich ist die Fusion für Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) längst ein Reizwort. Stattdessen setzt die Potsdamer Regierungspolitik auf eine Single-Strategie – um das Land bis zum Auslaufen des Solidarpaktes 2019 auf lebensfähigere Strukturen zu trimmen. Als Nächstes soll jede zweite Polizeiwache im Land geschlossen werden.

Und trotzdem wird die Frage eines Berlin-Brandenburg wieder aktueller. Laut Prognos wäre „die Schlagkraft“ eines solchen neuen Bundeslandes als „Schwergewicht im Osten der Republik“ deutlich größer als die der beiden einzelnen Länder heute. Die direkten Einspareffekte einer Fusion beziffern die Experten mit 350 bis 500 Millionen Euro. Es entstünde zudem das sechstgrößte Bundesland, das mit knapp 6 Millionen Einwohnern und einer Bruttowertschöpfung von 144 Milliarden Euro Sachsen von seinem Spitzenplatz im Osten vertreiben würde. „Getrieben von finanziellen (Berlin) und demografischen (Brandenburg) Problemen, aber auch der gemeinsamen Ansiedlung von Investoren und der Nutzung der Forschungsinfrastruktur könnte die Fusion für beide Länder in der Zukunft eine ernst zu nehmende Option darstellen.“ Also eine, die Brandenburg helfen könnte, die Randregionen zu stabilisieren, und Berlin, um einmal nicht mehr Deutschlands Armen-Hauptstadt zu sein. Freilich, „politische Veränderungen dieser Tragweite benötigen Promotoren und Köpfe mit Charisma“. Und da sieht der Befund von Prognos, für Brandenburg wie für Berlin, ernüchternd aus. „Politiker, die leidenschaftlich für eine Fusion werben, sind derzeit nicht in Verantwortung.“ Aber das kann sich ja, auch so ein weites Feld, irgendwann wieder ändern. Thorsten Metzner

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