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Belebte Nachbarschaft. Die Bewohner der Mierendorff-Insel feiern wie jedes Jahr ein Kiezfest.

© Kai-Uwe Heinrich

Gemeinsame Sache in Charlottenburg: Das Potential der Mierendorff-Insel

Die Anwohner des Mierendorff-Kiezes engagieren sich für die Zukunft ihres Kiezes.

Die Metropole wächst, auch auf der Mierendorff-Insel zwischen Spree, Charlottenburger Verbindungskanal und Westhafenkanal. Bis zu 7000 Neubewohner werden in den nächsten zehn Jahren in dem Quartier östlich vom Schloss Charlottenburg erwartet. Wie soll dieser Ort, an dem jetzt schon etwa 15 000 Menschen leben, in Zukunft aussehen? Auf diese Frage haben Schülerinnen und Schüler der 7. Klassen in einer Jugendperspektivwerkstatt am Gottfried-Keller-Gymnasium Antworten gesucht und auch gefunden.

Dabei sollten sich die Jugendlichen überlegen, was für sie in dem Quartier in der Welt von morgen besonders wichtig ist. Unter anderem bastelten sie Modelle aus Pappmaché mit ihren Zukunftsvorstellungen. Auf Platz 1 landete bei allen der Bereich Sport und Bewegung. Die Mädchen und Jungen wünschen sich Basketball- und Fußballplätze, Kletterwände, Trampoline, Tischtennisplatten und eine Skaterbahn.

Auf Rang 2 kam das „Chillen“, also das Ausruhen, Abhängen und Entspannen zum Beispiel in einer Hängematte. Ein Schüler brachte es auf diesen Nenner: „Jugendliche brauchen auch Rückzugsorte mit Couch und Fernseher.“ Natürlich dürfen in dem Quartier freies WLAN und Computer nicht fehlen.

Ein Puzzlestein für eine lebenswerte Zukunft

Für die Moderatorin der Perspektivwerkstatt, Andrea Isermann-Kühn, war der etwas außergewöhnliche Schultag ein kleiner Puzzlestein auf dem gemeinsamen Weg in eine lebenswerte Zukunft. Die Landschaftsplanerin kümmert sich schon seit mehr als zehn Jahren um den Kiez: „Damals hatte ich gemerkt, dass unser Quartier abrutschte. Immer mehr Geschäfte standen leer. Ich hatte das Gefühl, wir müssen etwas tun und die Menschen mit einbeziehen.“

Schon im Jahr 2000 hatte sich der Verein DorfwerkStadt gegründet. Er bot eine gute Grundlage für die weitere Arbeit im Quartier. Man erzielte erste Erfolge – etwa einen Zebrastreifen in der Sömmeringstraße.

Die Initiative „von unten“ erhielt bald auch vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf Unterstützung. Die DorfwerkStadt wurde offiziell mit der Stadtteilkoordination der nachbarschaftlichen Aktivitäten beauftragt.

Seither bringt Andrea Isermann-Kühn Jung und Alt zu Aktionen für den Kiez auf die Beine. Seit zehn Jahren schon gestaltet sie Planungswerkstätten mit Schülern. Das Kiezbüro des Vereins in der Mierendorffstraße 6 hat eine Arbeitsgemeinschaft „Leben im Alter“ organisiert. Dort gibt es Lesungen und Kunstevents. Der Energieversorger Vattenfall konnte als Unterstützer für das jährliche Kiezfest am Mierendorffplatz gewonnen werden, das am vergangenen Freitag gefeiert wurde. Und beim Unternehmerstammtisch machen Einzelhändler Vorschläge für Veränderungen im Quartier. Seit 2014 besteht die „Initiative Nachhaltige Mierendorff-Insel“ als eine Art Dachorganisation. Man trifft sich einmal im Monat. Möglichst viele sollen mitmachen.

Attraktive Spazierwege

Ein Projekt liegt der Koordinatorin ganz besonders am Herzen: ein fünf Kilometer langer Insel-Rundweg entlang der Ufer von Spree, Verbindungskanal und Westhafenkanal. Die Route ist bereits vorhanden, aber in einem schlechten Zustand.

Nun sollen Schilder zur besseren Orientierung aufgestellt, Ruhezonen und barrierefreie Zugänge für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, geschaffen werden. Planungsbüros sind bereits dabei, Abschnitt um Abschnitt für einen attraktiven Spazierweg aufzuwerten.

Für den 21. September ist im Rahmen der Freiwilligentage „Gemeinsame Sache“ eine Konferenz zu diesem Thema geplant, bei der einzelne Ideen vorgestellt und erläutert werden. Doch geht es dabei nicht nur um den Rundweg, vielmehr auch um „Urbane Waldgärten“.

Die Natur kommt gut an

Naturnahes Leben und Wohnen kommt auf der Mierendorff-Insel schon jetzt gut an, weiß Frau Isermann-Kühn: „Die Leute wollen hier ein Beet haben. Der Waldgarten, das ist die hohe Kunst des Urban Gardening.“

Noch bleibt das eine Illusion, denn eine Fläche für dieses Experiment konnte bisher nicht gefunden werden. Der Raum auf der Insel ist begrenzt. Zumal für den erwarteten Zuzug viele Häuser gebaut werden müssen. Neben der Verdichtung in Wohnblöcken und auf Hinterhöfen ist das ehemalige Tanklager am Spreebord dafür im Gespräch.

Dort gibt es schon seit langem Pläne für neue Wohnungen. Die Zahl ist umstritten. Für die Kiezinitiative sollten es nicht mehr als 570 sein. Dann wäre vielleicht auch noch Platz für ein Nachbarschaftszentrum und ein Geschäft für regionale Lebensmittel und womöglich auch für ein Schwimmbad, das auf dem Wunschzettel der Jugendlichen bei ihrer Perspektivwerkstatt ganz weit oben stand.

Weitere Informationen unter https://mierendorffinsel.org/

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