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Park und See am Engelbecken vor der Katholischen Kirche St. Michael in Kreuzberg.

© Thilo Rückeis

Gemeinsame Sache in Luisenstadt: Zusammen das Engelbecken retten

Das Engelbecken ist ein idyllischer Ort – wenn nicht Müll und Algen die Erholung trübten. Die Engelbecken-Retter ändern das mit einem Wassereinsatz.

Ohne den strengen Entengeruch wäre es eine Oase mitten in Berlin: das zwischen dem Legien- und dem Leuschnerdamm gelegene Engelbecken mit seinen sprudelnden Fontänen. Unter dem Blätterdach der Pergolen rundherum ist an sonnigen Tagen immer Schatten, auf den Bänken kann man gut entspannen und die Tiere beobachten: Enten, Reiher und etwa sechs jugendliche Schwäne gibt es da. Am Café an der Nordseite des Beckens stehen sogar Palmen, an der Südseite blühen Rosen. Doch Fauna und Flora sind gerade im Ungleichgewicht.

An einem Dienstagvormittag schwimmen die Schwäne und Enten zielstrebig zur Caféterrasse. Dort stehen drei Männer – jeder mit einer Packung Toast. An den Wegen zum Ufer hängen laminierte Schilder vom Grünflächenamt Mitte mit der roten Aufschrift „Wasservögel bitte nicht füttern!“ Die Fütterung ist wohl nett gemeint, aber weder gut für die Enten noch das Wasser: Durch Brotbrocken und Entenkot entstehen zu viele Algen, für deren Zersetzung es mehr Sauerstoff bräuchte. Deswegen der üble Geruch.

„Das Brot fault und das Wasser wird grün“, weiß Wieland Giebel. Selbst die 16 Fontänen reichen nicht aus, um genügend Sauerstoff ins Wasser zu bringen. Seit 26 Jahren schon wohnt der Gründer des Berlin-Story-Verlags und des gleichnamigen Museums am Engelbecken, fast genauso lang ist er im Bürgerverein Luisenstadt aktiv. Trotz seiner zahlreichen Termine – ob Exkursion zur Gedenkstätte des ehemaligen Todeslagers Auschwitz oder Interview mit Reporter Ulli Zelle – Giebel steht sofort bereit, um über das Engelbecken zu sprechen.

Gerade sei es nötig, dass mal wieder gründlich sauber gemacht würde, „die Zahl der Touristen nimmt unheimlich zu, es fliegt zu viel ins Becken“. Und damit meint Giebel nicht nur Pizzakartons und Flaschen, sondern auch große Gegenstände wie Einkaufswagen, Fahrräder, Kinderwagen oder Roller. Alles hat er schon persönlich aus dem Wasser gehievt.

Projektgruppe sucht Helfer

„Engelbecken retten“ heißt die Aktion der Projektgruppe, die sich für Sonnabend, den 14. September, von 9 bis 15 Uhr bei den Freiwilligentagen „Gemeinsamen Sache“ angemeldet hat und sich über weitere Helfer freut (Kontakt unter Tel. 279 54 08 oder über E-Mail: buero@buergerverein-luisenstadt.de). Ums und im Becken wird sauber gemacht, und die Pflanzen werden gegossen.

Für alle, die ins nur etwa 60 Zentimeter tiefe Wasser steigen wollen, empfiehlt Giebel alte Turnschuhe und Handschuhe zum Schutz gegen Glasscherben. Das Vorgehen im Becken, stets in Ufernähe, sei einfach: „Ganz langsam durchs Wasser waten, bis man gegen etwas stößt, und dann den Gegenstand rausholen.“

1991 wurde der Bürgerverein gegründet, um im ehemaligen Grenzbereich zwischen West- und Ost-Berlin „eine Verbindung zu schaffen“, erzählt der 69-jährige Autor und Verleger. Das Engelbecken war während der deutschen Teilung trockengelegt und Todesstreifen. Bis die Grünanlage entlang des ehemaligen Luisenstädtischen Kanals so aussah wie heute, vergingen Jahre, erst 2007 wurde sie fertiggestellt. Der Namensgeber des Beckens, Erzengel Michael, thront als Statue auf dem Dach der anliegenden St.-Michael-Kirche – mit LED-Strahlern ausgestattet hat ihn der Bürgerverein.

Beteiligung des Bezirks erwünscht

Doch so engagiert die etwa 100 Vereinsmitglieder auch sind, bei der Verbesserung der Wasserqualität wünscht sich Giebel mehr Einsatz des Bezirks: „Wir brauchen eine Lösung und nicht nur wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse.“ Gerade habe ein vom Bezirk beauftragter Biologe einen seitenlangen Bericht darüber geschickt, warum die ausgesetzten Schildkröten geschützt werden müssen.

Laut Giebel sei das Becken regelrecht überbevölkert mit diesen Schildkröten: „Irgendjemand hat da mal Hausschildkröten reingesetzt, und jetzt gibt es um die 50 Tiere.“ Kein Wunder, dass der natürliche Rhythmus zwischen Tieren, Pflanzen und Wasser durcheinanderkommt.

Bis vor einigen Jahren war Wieland Giebel morgens oft im Engelbecken schwimmen, obwohl das genauso verboten ist wie das Füttern der Enten. „Das ist ganz weiches Wasser“, schwärmt er. Seit seinem schlimmen Fahrradunfall mache er das gerade nicht mehr, ein 18-jähriger Autofahrer hatte ihn übel umgefahren. Zum Glück ist das Bein wieder so gut wie geheilt, die Rettungsaktion für das Engelbecken kann kommen.

Nach getaner Arbeit sei den Helfern das Café am Engelbecken empfohlen. Auf der Karte: der vegetarische „Engelbecken Schock“, das ist süßer Quark mit Obst.

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