zum Hauptinhalt
Kinder- und Jugendprojekt Arche Hellersdorf. Die Jugendlichen wollen das angrenzende Naturschutzgebiet säubern.

© Doris Spiekermann-Klaas

Gemeinsame Sache in Marzahn-Hellersdorf 2014: Jugendliche säubern Naturschutzgebiet

Die Arche Hellersdorf hilft sozial benachteiligten Kindern. Am Aktionstag "Saubere Sache" säubern sie gemeinsam ein anliegendes Naturschutzgebiet - und welche Gruppe den meisten Müll sammelt, gewinnt.

Samuel Kuttler hat starke Nerven. Der Jugendbereichsleiter in der Arche Hellersdorf strahlt eine tiefe, innere Ruhe aus, während um ihn herum das Chaos tobt. Ronjas Freund ist mit einem ihrer Schuhe abgehauen, die 15-Jährige hüpft auf einem Bein durch den Eingangsbereich der Arche Hellersdorf und kreischt. Im Jugendraum raufen sich zwei Jungs, ein Mädchen ist traurig, weil ihr Fahrrad geklaut wurde. Ein unglaublicher Lautstärkepegel. Und mittendrin steht Samuel Kuttler mit Jeans, kariertem Hemd und dunkler Brille. Ruhig und gelassen beantwortet er jede Frage der Jugendlichen, sagt, dass man den Schuhdiebstahl doch sicherlich auch untereinander klären könne und bietet seine Hilfe wegen des verschwundenen Fahrrads an.

Seit sechs Jahren arbeitet der 34-Jährige für die Arche in einem ehemaligen Schulgebäude in der Tangermünder Straße 7 in Hellersdorf. In dem Bezirk, in dem Mitte der 90er Jahre die Arbeit des Vereins „Die Arche - Christliches Kinder- und Jugendwerk e.V.“ begonnen hat. Gegründet wurde die Arche 1995 von Pastor Bernd Siggelkow, hauptsächlich kümmert sich der Verein um sozial benachteiligte Kinder und Familien. Allein in Berlin hat die Arche vier Standorte, neben Hellersdorf noch in Reinickendorf, Friedrichshain und Wedding. In Hellersdorf gibt es neben der Freizeiteinrichtung der Arche auch noch eine Schulbetreuung in der Wolfgang-Amadeus-Mozart-Schule.

„Unser Markenzeichen ist, dass wir vor allem dort angesiedelt sind, wo Kinder, Jugendliche und Familien leben, die nicht unbedingt auf der Sonnenseite der Gesellschaft stehen“, sagt Kuttler. Viele Kinder aus Hartz-IV-Familien, aber auch viele Kinder mit Migrationshintergrund kommen in die Arche. „In Hellersdorf fehlt die multikulturelle Dimension, hier gibt es eher eine deutsche Unterschicht.“ Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf hat mit 13 Prozent den zweitniedrigsten Migrantenanteil Berlins. Der Bezirk befindet sich allerdings im Wandel. Bedingt durch die Wohnraumknappheit und steigende Mieten ziehen viele an den Stadtrand.

Täglich kommen zwischen 150 und 200 Kinder und Jugendliche im Alter von 2 –18 Jahren in die Arche Hellersdorf. Nach der Schule bekommen sie hier ein kostenloses Mittagessen. „Außerdem können sie sich hier schulische Unterstützung in Form von Hausaufgabenhilfe, Nachhilfeunterricht oder Prüfungsvorbereitung holen“, sagt Kuttler, der während seines Studiums der Sozialarbeit und Sozialpädagogik ein Praktikum bei der Arche in Hamburg absolviert hat. „Ansonsten haben wir jeden Tag wechselnde Freizeitangebote im sportlichen, kreativen und musikalischen Bereich.“ Daneben gibt es offene Räume, in denen sich Kinder und Jugendliche einfach treffen können.

Wer den meisten Müll sammelt, bekommt eine Belohnung

Die meisten Arche-Besucher kommen direkt aus der Umgebung, wie der 15-jährige Paul, der mit seinem Bruder Maurice seit fast neun Jahren in die Arche kommt: „Wir wohnen hier fast um die Ecke. In die Arche kommen wir, um Computerspiele zu spielen oder Fußball zu zocken und Freunde zu treffen.“ Für die Grundschulkinder gibt es auch einen Abholservice, der zweimal am Tag in Marzahn hält.

Rund 20 Jugendliche werden am Aktionstag mitmachen und das an die Arche angrenzende Naturschutzgebiet Am Beerenpfuhl vom Müll befreien. Das zum Landschaftsschutzgebiet Höhnower Weiherkette gehörende Gebiet wird von der Arche etwa für Schnitzeljagd oder gemeinsames Joggen genutzt. „Wenn es um die Aufwertung von öffentlichem Raum geht, dann wollen wir den Jugendlichen auch beibringen, dass sie damit vor der eigenen Haustür anfangen sollen“, sagt Kuttler. Damit der Anreiz für die Jugendlichen größer ist, wird die Säuberungsaktion als Wettkampf gestaltet.

Die Gruppe, die den meisten Müll sammelt, bekommt eine kleine Belohnung. Mithelfen bei alltäglich anfallenden Arbeiten im Haus oder auch im Grünen gehört für die Kinder und Jugendlichen der Arche auch außerhalb des Aktionstags dazu. „Wir haben interne Belohnungssysteme. Die Grundschulkinder werden zum Beispiel ‚Helfer des Monats‘ und bekommen eine Urkunde ausgestellt“, erzählt Kuttler. Für die Jugendlichen wurde ein virtuelles Konto eröffnet, auf dem sie „Credits“ sammeln können. „Wenn hier also jemand die Grünanlagen pflegt oder Fenster putzt, Thekendienst verrichtet oder bei Renovierungsarbeiten hilft, werden die Punkte gutgeschrieben und die Jugendlichen können sich davon mal kleinere Annehmlichkeiten gönnen.“ Das können Freikarten für Fußballspiele sein oder ein vergünstigter Reiseanteil bei Ferienfahrten, die die Arche Hellersdorf zweimal im Jahr macht.

Am 12. September von 15 bis 18 Uhr wird das an die Arche angrenzende Naturschutzgebiet Am Beerenpfuhl an der Tangermünder Straße 7 in Hellersdorf vom Müll befreit. Weitere Informationen: www.arche-hellersdorf.de

Mitmachen und Mitfeiern

Erst werden an den Aktionstagen die Ärmel aufgekrempelt und die Stadt schön gemacht – und eine Woche später wird gefeiert. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin und der Tagesspiegel laden alle Helfer am Freitag, dem 19. September zur Danke-Party in das Verlagsgebäude am Askanischen Platz 3 am Anhalter Bahnhof. Ab 17 Uhr sind alle Aktiven herzlich willkommen: Im Erdgeschoss gibt es ein Kulturprogramm mit Theater und Musik, dazu gibt es Getränke und Snacks. Begrüßt werden unsere Gäste von der Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, Hella Dunger-

Löper, der Vorsitzenden des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Barbara John, und der Tagesspiegel-Chefredaktion. Das Haus ist behindertengerecht. Der Eintritt ist frei. Wenn Sie mitfeiern wollen, schreiben Sie uns: sauberesache@tagesspiegel.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false