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Engagiert im Kiez. Mustafa Islamoglu vom Hostel „Main Station“, Julia Brodersen, Earenya Guerra und Daniela Kuich von der Initiative „Im Garten“ sowie Annette Haußknecht und Claire Pfromm von „Misch mit!“ (von links nach rechts).

© Privat

Gemeinsame Sache: Moabit: Misch mit!

Ein Platz mit mehr Grün für Anwohner und Flüchtlinge aus dem Heim in der Moabiter Quitzowstraße – das soll der Aktionstag bringen.

Einen „Platz mit geringer Aufenthaltsqualität“ würde man die Grünfläche unter der Putlitzbrücke im Behördendeutsch wohl nennen. Das dichte Gestrüpp, das den Platz umrahmt, ist verwahrlost und verdreckt. Die Holzbänke sind dunkel verkrustet, brüchig und mit Graffiti beschmiert. Zwei karge Betontische stehen im Schatten. Unter Laub und Müll lassen sich Schachbrettmuster erahnen. Gespielt hat hier schon lange niemand mehr.

Die Trinker haben sich dort niedergelassen, wo der Platz noch am hellsten und freundlichsten wirkt. In der Ecke neben den Tischtennisplatten vertreiben sich einige Kinder die Zeit. Sie leben mit ihren Familien im benachbarten Hostel. 170 Geflüchtete beherbergt das „Main Station“ Hostel in der Quitzowstraße. Ihr Asylantrag ist bereits genehmigt; sie dürfen bleiben. Doch die Suche nach einer eigenen Wohnung gestaltet sich für viele schwierig, vor allem für die Familien.

Nachts wird es auf dem Platz stockfinster, klagt Mustafa Islamoglu. Der Geschäftsführer wünscht sich eine bessere Umgebung für seine Bewohner. Dass diese gerne mitanpacken, haben sie im Hostel-eigenen Garten bewiesen. Der verfügt jetzt dank der Handwerkskünste der Bewohner über eine gemütliche Terrasse. Pflanzentöpfe, Korbmöbel und Gartentische verbreiten Lounge-Atmosphäre.

Das Einleben erleichtern

Nur der Park daneben bleibe unansehnlich, findet Islamoglu – und sucht Hilfe beim Bezirk. „Wir wollen vieles machen, aber wir brauchen Unterstützung“, sagt er. Über das Grünflächenamt ergab sich schließlich der Kontakt mit dem Projekt „Misch mit!“. Und so kommt es, dass Projektleiterin Claire Pfromm mit einem Stapel Dokumenten in den Händen auf dem Platz steht und Islamoglus Berichten lauscht. Auch ihre Kollegin Annette Haußknecht sowie drei junge Frauen von der Initiative „Im Garten“ sind zum Planungstreffen für den Aktionstag „Gemeinsame Sache“ gekommen.

Zusammen mit den Geflüchteten und Anwohnern wollen sie den Platz am 9. und 10. September verschönern. Er soll zu einem Treffpunkt werden, den alle gerne nutzen. Die Stadtreinigung stattet bis zu 25 Helfer mit Besen, Müllsäcken und Handschuhen aus. Deshalb sollten sich Freiwillige vorher anmelden. Abends soll es im Hostel ein gemeinsames Mahl geben.

Das Projekt „Misch mit!“ will die Neuankömmlinge in Moabit, Wedding und Gesundbrunnen willkommen heißen und durch ihr Engagement das Einleben erleichtern. Die Frauen der Initiative „Im Garten“ haben bereits Erfahrung. Die Gärten, die sie zusammen mit Initiativen wie „Moabit hilft“ in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften angelegt haben, dienen den Familien zur Selbstversorgung und erleichtern auch die Integration.

Der Tatendrang der Helfer ist groß

Aufmerksam sehen sich die Helfer auf dem Platz um – und erkennen sogleich das Potenzial. Die Holzverkleidung auf einer Baumscheibe gäbe eine tolle Bühne ab. Hier könnten Konzerte und kleine Shows für die Kinder stattfinden. Leider tut sich vor der Bühne ein Loch auf: Die Pflastersteine haben sich gelöst und purzeln kreuz und quer über den sandigen Untergrund. Das sei schon seit vielen Monaten so. Man ist sich einig: Das muss repariert werden, wenn auf dem Platz wieder Leben einkehren soll. Doch woher soll das Baumaterial kommen? Wer weiß, wie man Pflaster fachmännisch verlegt? Der Tatendrang der Helfer ist groß. Doch die Stadtordnung lasse nur „antragsfreie Interventionen“ zu, liest Pfromm von einem Blatt ab. Das mit dem Beete pflanzen wird schon mal nichts. Stattdessen könne man aber Pflanzenkisten aufstellen. Die lassen sich auch schnell wieder beseitigen.

Pfromm hofft, dass alle Anwohner Gefallen an der Verwandlung des Platzes finden und sich künftig mehr darum kümmern. Das Aktionswochenende soll der Start für weitere Aktivitäten sein. Wenn etwa ab und zu ein Spielmobil vorbei käme, hätte der Platz auch den Kindern wieder mehr zu bieten.

Und die Trinker? Die dürfen ruhig bleiben, meint Pfromm. „Sie vertreiben ist auch keine Lösung.“ Die Sozialagentin sucht lieber den Dialog. Tatsächlich erklären ihr die Männer im Gespräch, dass sie gerne helfen wollen. Einer weiß sogar, wie man Pflaster verlegt.

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