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Berlin: Gemeinschaft der Großzügigen Die Lutheraner leben von Spenden und Gottes Güte

Glockengeläut tönt von allen Seiten und bricht sich in der kalten Winterluft über dem Engelbecken vor der Kirche in der Annenstraße. Drei Sonntage sind es noch bis zur Passionszeit, ab sofort ist das Halleluja aus der Liturgie gestrichen.

Glockengeläut tönt von allen Seiten und bricht sich in der kalten Winterluft über dem Engelbecken vor der Kirche in der Annenstraße. Drei Sonntage sind es noch bis zur Passionszeit, ab sofort ist das Halleluja aus der Liturgie gestrichen. Erst in der Osternacht wird es wieder gesungen, erklärt Propst Gerhard Hoffmann. Das könnte er sich sparen, denn die rund 60 Gläubigen in der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Berlin-Mitte sind liturgie- und wetterfeste Kirchgänger. Man hat den Eindruck, als würden sie den von außen abweisend und klobig wirkenden Backsteinbau nicht nur besuchen, sondern für anderthalb Stunden regelrecht darin wohnen, so entspannt und familiär ist die Atmosphäre. Alte und Junge plaudern miteinander, wer als Gast kommt, wird herzlich begrüßt.

Die Gemeinde ist eine von bundesweit 200 Pfarreien der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, die nur von Spenden leben. Das klappt seit 170 Jahren und hat für diese Kirche am ehemaligen Mauerstreifen, die durch den Mauerbau von vielen Gemeindegliedern getrennt wurde, eine ganz besondere Bedeutung. „Alles in unserem Alltag ist geschenkt“, sagt Propst Hoffmann und legt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg aus (Matthäus 20). Dass es ungerecht in der Arbeitswelt zugeht, kennen wir ja heute auch, sagt Hoffmann dann und erinnert an Leiharbeiter. In der biblischen Geschichte ärgern sich die Arbeiter, die länger als andere geschuftet haben, dass sie trotzdem nur den Einheitslohn bekommen. Doch der Patron erinnert sie daran, dass er ihnen nichts wegnimmt, nur weil er zu den anderen gütig ist. „So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.“ Denn erst Gottes Güte und unsere Großzügigkeit ermöglichen das Leben, ist Hoffmanns Botschaft. In Berlin, Südasien und überall auf der Welt. Beim Hinausgehen bricht gerade die Sonne durch. Es riecht nach Schnee.

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