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Berlin: Genehmigung per Mausklick

Ein neues Internet-Portal für Unternehmen soll Antragsverfahren beschleunigen

Wenn Volker Keddig eines hasst, dann sind es „vergilbte Zettel aus düsteren Amtsstuben.“ Der Ingenieur ist Geschäftsführer der Max Fuss GmbH, die seit 1908 in Berlin produziert. Das erfolgreichste Produkt sind Elektrofilter, die man etwa in Staubsaugern braucht, in Bohrmaschinen oder in Rolltreppen. Die Fuss-Filter verkaufen sich so gut, dass Keddig jetzt ein neues Werk bauen will, im Technologiepark Adlershof.

Bevor er loslegen kann, muss der Fuss-Chef den ungeliebten Amtsstuben aber noch viele Besuche abstatten und noch mehr Formulare ausfüllen. Keddig würde das lieber online erledigen und steht damit nicht allein: Schon lange fordert die Berliner Wirtschaft einen besseren Internet-Service für Unternehmen. Bis zum Herbst will Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) mit einem neuen Informationsportal für Unternehmen reagieren.

Allein der Bauantrag für das neue Werk der Fuss GmbH umfasst mehr als 100 Seiten, die 14 Mal kopiert und eingereicht werden müssen. Mit Wäschekörben voller dicker Leitz-Ordner sind Keddigs Mitarbeiter im März zur Bezirksbehörde gefahren. Im Juli kam dann die Baugenehmigung. Über den Anträgen für die Heizanlagen brüten die Beamten noch immer. „Das würde alles viel schneller gehen, wenn man es online erledigen könnte“, sagt Keddig. So wie die Unternehmer das in Bremen machen, wo es ein „virtuelles Bauamt“ gibt, genau so wie in Osnabrück oder in Ingolstadt.

In Berlin könne man Bauanträge und viele andere Formulare zwar im Internet herunterladen und ausdrucken, erzählt Keddig, doch „direkt auf dem Rechner ausfüllen und wegschicken, das geht meistens nicht“. Außerdem müsse man sich oft lange „durchwühlen“, um die passende Information im Netz zu finden.

Die Berliner Wirtschaft verlangt, dass die Verwaltung Verfahren wie die Baugenehmigung, öffentliche Ausschreibungen oder einen Auszug aus dem Gewerberegister in digitaler Form und auf einem zentralen Portal anbieten soll. „Da könnte man Millionen einsparen – auf beiden Seiten“, sagt Ortwin Wohlrab, Vorstandsvorsitzender der Berliner PSI AG und Sprecher des Softwareverbands Berlin-Brandenburg (SIBB). Trotzdem sei bislang „nur ein Bruchteil“ der Behördenvorgänge digital verfügbar. „Da frage ich mich als Unternehmer: Warum will der Senat nicht sparen?“

Das will er schon. „E-Government“ - die elektronische Verwaltung ist eines der Lieblingsschlagwörter im Rahmen der allgemeinen Verwaltungsmodernisierung. Schon 2003 hat der Wirtschaftssenator untersuchen lassen, mit welchen Verwaltungsvorgängen Firmen am häufigsten konfrontiert sind. Im kommenden Herbst nun will die Behörde ein Portal vorstellen, auf dem alle wirtschaftsrelevanten Verwaltungsbereiche, die jetzt schon online sind, gebündelt werden. Für dieses Projekt wurde keine IT-Firma beauftragt. Die Webseite entstehe „mit Bordmitteln“, sagt Senatssprecher Christoph Lang.

Mitarbeiter aus allen Verwaltungsbereichen haben 150 wirtschaftsnahe Anwendungen zusammengetragen, die bisher auf ganz unterschiedlichen Webseiten zu finden sind. Die neue Seite soll nicht wie die Behörden und ihre Abteilungen, sondern nach „Unternehmenslagen“ sortiert sein: Von der Gewerbeanmeldung bis zur Insolvenzverkündung sollen Unternehmer künftig alle Informationen und Formulare an einer Stelle finden.

Manche Bereiche aber können auf dem Portal gar nicht bedient, sondern nur verlinkt werden: Denkmalschutz zum Beispiel oder die Baugenehmigung liegen im Kompetenzbereich der Bezirke, nicht auf der Webseite des Wirtschaftssenators. „Wir versuchen die Bezirksämter zu überreden, dass sie mitmachen“, sagt Lang. Er hofft, dass sie bis Ende Jahres alle Angebote zusammenfügen können.

„Wir könnten schon viel weiter sein“, klagt Dirk Stocksmeier, Sprecher der Initiative Amt24, einem Zusammenschluss von Berliner Softwarefirmen, die sich auf E-Government spezialisiert haben. Stocksmeier schwärmt von Singapur. Auf dem Wirtschaftsportal des Stadtstaats kann man sich als Unternehmer mit seinen Zugangsdaten einloggen und von der Steuererklärung bis zur Kfz-Anmeldung restlos alles online ausfüllen und abschicken. Stocksmeier warnt davor, das Berliner Wirtschaftsportal zum Aufbewahrungsort für Formulare zu machen, die man erst ausdrucken und dann wieder per Post verschicken muss. „Bearbeitungszeiten verkürzen sich erst, wenn der Antrag auch digital verarbeitet wird“, sagt der Softwareexperte.

„Das geplante Portal kann nur der erste Schritt sein“, sagt auch Ludger Hinsen, stellvertretender Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer. Für ihn ist E-Government „ein Mittel, die Verwaltung zu revolutionieren.“ Hinsen saß früher selbst in einer Behörde und klagt, „dass auch die einfachsten Briefsachen hier durch mindestens 14 Hände gehen, bevor der Schreiber eine Antwort bekommt“. Ein System, das E-Mails automatisch der dafür zuständigen Person zuweist, wäre viel effizienter, glaubt Hinsen. „Die ganze Hierarchie in einer Verwaltung ist auf Papier ausgelegt.“ Vielleicht tue sie sich auch deshalb etwas schwer damit, es abzuschaffen.

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