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Berlin: Generalist im Werden

CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer führt zu wenig: Die größte Oppositionskraft schlingert vor sich hin

Böse ist ihm keiner. Nicolas Zimmer tut dieser Tage sogar den CDU-Abgeordneten ein wenig Leid, die nicht zu seinen Anhängern gehören. Das Gefühl ist frei von Häme. Kein „Ich-habe-es-immer-gewusst“ schwingt mit, wenn Abgeordnete „Defätismus und Enttäuschung“ spüren, wenn sie von einer „Delle“ in der Motivation sprechen oder davon, dass Zimmer die „Zeit der Moderation“ beenden müsse und sich vom Haushälter zum Generalisten entwickeln müsse. Matte 26,5 Prozent holte die Berliner CDU bei der Europawahl, 18 Prozentpunkte weniger als im Bund. Dass das Ergebnis bedrückend wirkt, hat einen Grund: Es passt – die Abgeordneten fühlen sich nicht stark, sie glauben nicht, dass sie die Zukunft 2006 auf ihrer Seite haben.

Zimmer weiß das wohl, und nicht erst seit dem Ärger am Ende vergangener Woche, als sich die Fraktion gegen eine neue Haushaltsklage entschied. Da war ihm der Frust darüber anzumerken, dass andere in der Partei und der Fraktion die Richtung vorgegeben hatten, am deutlichsten der Ehrenvorsitzende Eberhard Diepgen und Zimmers Vorgänger Frank Steffel. Zimmer tendierte zu einer Klage, machte das aber nicht deutlich – und er sagte der Fraktion nicht klar, wie wichtig ihm die Entscheidung war. Dann zeigte sich in der Fraktionssitzung am Donnerstagmorgen, dass die Mehrheit die Klage nicht wollte – Zimmer hatte den Entscheidungsprozess zu wenig beeinflusst und wirkte nun wie einer, dessen Ausbildung zur Führungskraft gerade erst begonnen hat. Er hätte in der Auseinandersetzung ruhig verlieren können, heißt es seitdem – doch hätte er wenigstens kämpfen müssen. „Das passiert mir nicht nochmal“, sagt er jetzt.

Zimmer wirkt seit langem unentschlossen. Ein paar Wochen zuvor wollte FDP-Fraktionschef Martin Lindner eine Kandidatenabsprache zur Besetzung des Landesverfassungsgerichts treffen – Zimmer ließ sich mit Blick auf die Mannschaftsstärke der FDP darauf nicht ein. Böse Worte gab es zwischen dem CDU-Fraktionschef und dem Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin und Brandenburg: Auch da ging es um ein strategisches Projekt, auf das Zimmer sich nicht festlegen wollte – die Änderung des Personalvertretungsgesetz.

Stets hat er Gründe für seine Zurückhaltung. Die CDU sei eine „sehr diskussionsfreudige Partei“, sagt er. Auch gebe es noch viele, die mit der Haushaltskonsolidierungspolitik gern Schluss machen würden. Zimmers Freunde erinnern an die Erfahrungen der CDU-Fraktion mit eher autoritärer Führung – dahin will keiner zurück. Also sucht Zimmer seinen Stil und sein großes Projekt, ein Vorhaben, mit dem er zeigen kann, wohin er will. Das könnte die schwarz-grüne Zusammenarbeit sein – doch die Grünen zuckten jedesmal zurück, wenn sie auf die Zusammenarbeit angesprochen würden, sagt Zimmer. Für eines aber kann er nichts: Die Verzagtheit der CDU-Fraktion fällt nur deshalb so auf, weil vom Landesvorstand fast gar nichts kommt.

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