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Berlin: Genial gaga

AUFTRITT DER WOCHE Knorkator sind zurück Ihre neue Platte soll so richtig fetzen

Potsdam/Berlin - Ein grauer Vormittag im Köpenicker Ortsteil Friedrichshagen. Im Café „Bonfortionös“ steht eine Frau hinterm Tresen, guckt auf ihre Armbanduhr und verdreht ungläubig die Augen. Es ist kurz nach zehn und vor ihr steht ein Mann, der Stampfkartoffeln mit Bratwurst und Sauerkraut bestellt. Dazu ein Glas kalte Milch. Schwierige Kombi für den Magen, gibt die Frau zu bedenken. Doch der Mann lässt sich nicht beirren.

Wenige Minuten später steht der dampfende Teller auf dem Tisch, daneben das Glas Milch. Sebastian Baur guckt zufrieden, schneidet ein Stück von der Bratwurst ab und schiebt es sich genüsslich in den Mund. Sollen doch die anderen den Kopf schütteln, ihm schmeckt’s. Was andere über ihn denken, hat ihn ohnehin nie groß gekümmert. Ein dickes Fell ist vermutlich Grundvoraussetzung für das, was Baur macht: Er ist Gitarrist bei Knorkator, als Musiker nennt er sich Buzz Dee.

Vor drei Jahren hat sich die Band aufgelöst, 14 Jahre nach ihrer Gründung. In der Columbiahalle gab es ein Abschiedskonzert, Sänger Stumpen stand im brustfreien Stringbody auf der Bühne. Heute im „Bonfortionös“ trägt er einen weißen Anzug mit grünem T-Shirt, so schick kennt man ihn gar nicht. Er greift nach seinem iPhone und macht ein Foto von Buzz Dee und dessen Frühstück. Wenn er über die Bandauflösung spricht, dann nur im Präteritum, und das aus gegebenem Anlass: Am Freitag haben Knorkator ihr neues Album „Es werde Nicht“ veröffentlicht, diesen Samstag stellen sie es im Potsdamer Waschhaus vor, im Dezember spielen sie zwei Konzerte in Berlin.

Fragt man die drei nach den Gründen für ihre Wiedervereinigung, gibt Keyboarder und Songschreiber Alf Ator, der eigentlich Alexander Thomas heißt, eine plausible Antwort: „Weil die Mehrheit von uns es für eine tolle Idee hielt und die Minderheit es zumindest nicht schlecht fand.“ Und Buzz Dee ergänzt: „Es wäre dämlich gewesen, wenn wir es nicht gemacht hätten.“ Eine Zeitlang hatten sie es mit Buchprojekten und Theaterstücken versucht, es lief gut, aber eben nicht so gut wie mit Knorkator. Irgendwann mussten sich die Bandmitglieder treffen, es ging um die Steuer, da wurden schon wieder doofe Witze gemacht. Vom kreativen Burn-out, weswegen sie sich getrennt hatten, war nicht mehr viel zu spüren. Zudem offenbarte Alf Ator, dass er ein paar neue Stücke geschrieben hätte.

Die neue Platte „klingt gut, fetzt und macht Spaß“, findet Stumpen, der mit bürgerlichem Namen Gero Ivers heißt. Textlich bewegt sich die Band mal wieder auf dem schmalen Grat zwischen genial und gaga, musikalisch zwischen Rock und Radau. Man merkt den Liedern den neuen Elan an. Dabei ist während der Produktion der Platte „alles, was an Planung schieflaufen konnte, auch schiefgelaufen“, wie Alf Ator erzählt. Was anderes hätte man von Knorkator wohl auch nicht erwartet. Nana Heymann

Waschhaus, Schiffbauergasse 6, Potsdam, 24. September, 21 Uhr, 26 Euro

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