zum Hauptinhalt
Ein Containerdorf mit "Tempohomes" auf dem Tempelhofer Feld.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Geplante Flüchtlingsunterkunft in Nikolassee: Anwohner kritisieren zu wenig Informationen und Infrastruktur der Bauten

Im Biker-Treff "Spinnerbrücke" diskutierten Anwohner über eine geplante Flüchtlingsunterkunft. Es regten sich versöhnliche und kritische Töne. Eine Unterschriftensammlung kursierte.

Am Sonnabend war der Biker-Treff „Spinnerbrücke“ an der AVUS in Nikolassee überfüllt: Mehr als 150 Bürger vor allem aus der näheren Umgebung hatten sich auf Initiative der „Nachbarschaft aus der Borussen-, Münchow- und Paul-Krause-Straße“ zum Informationsaustausch und zur Diskussion um eine Am Beelitzhof 24 geplante neue Flüchtlingsunterkunft getroffen.

„Wie sind nicht gegen Flüchtlinge“, sagte ein Redner, „aber die Anzahl ist das Problem“. Ursprünglich hatte der Senat in der Straße Am Beelitzhof Tempohomes für 220 Menschen geplant, drei Jahre sollte die Unterkunft betrieben werden. Wenn es bei diesem Plan geblieben wäre, versichert eine Nachbarin, dann „würden wird das schon schaffen“.

Aber dann wuchs das Projekt, das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten will jetzt 480 Geflüchtete in viergeschossigen modularen Bauten unterbringen, die eine Lebensdauer von bis zu achtzig Jahren haben sollen. „Es ist nicht die Frage, ob es richtig oder falsch ist“, brachte ein Anwohner die Kritik auf den Punkt, „es ist die Art und Weise“. Man werde nicht informiert, zur Informationsveranstaltung des Senats seien nur wenige Anwohner eingeladen worden, über die fehlende Infrastruktur mit Kitas, Schulen, Spielplätze und Einkaufsmöglichkeiten werde sich seitens der Planer keine Gedanken gemacht.

Misstrauen unter den Anwohnern

Auch wenn der Plan, in den „Modularen Unterkünften für Flüchtlinge“ (MUF 2.0) später Studierenden, Obdachlosen und Menschen und Familien mit geringem Einkommen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, im Prinzip nicht kritisiert wird, herrschte am Samstag Misstrauen: Auf der Informationsveranstaltung habe ein Anwohner erfahren, dass „es möglicherweise gar nicht geht, die Gebäude später zum normalen Wohnen zu nutzen“.

Andere beanstanden, dass bei einem Projekt, das jahrzehntelang Bestand haben soll, alles so schnell und ohne ausreichende Bürgerbeteiligung gehen müsse. „Für mich ist das ganz normaler Wohnungsbau“, meinte ein Redner. Dann solle man auch die normalen Planungsschritte beschreiten. Er sei strikt gegen das Projekt, einen Rechtsstreit scheue er nicht, „ich habe Geld dafür zurückgelegt“.

"Nicht in einem Ghetto"

Andere schlagen versöhnlichere Töne an. Die CDU-Bezirksverordnete Marela Bone-Winkel erklärte, sie setze sich dafür ein, dass in den neuen Bauten deutlich weniger als die 480 Plätze belegt werden würden und so ein gemischtes Wohnen entstehen könnte. Tonka Wojahn (Grüne), Vorsitzende des bezirklichen Integrationsausschusses, hoffte, dass viele Bewohner der Containerunterkünfte aus Steglitz-Zehlendorf in die neuen, besseren Bauten umziehen würden: „Dann hätten viele der Kinder schon einen Schulplatz.“ „Wir müssen uns um diese Menschen kümmern, wir müssen sie integrieren“, sagte eine andere Rednerin. Die Hälfte der Zuhörer applaudierten. Ein Zuhörer kommentierte, „aber nicht in einem Ghetto“.

Eine ausländerfeindliche Stimmung herrschte im Saal nicht. Viel mehr war Ärger über „die da oben“ zu hören, „die nicht halten, was sie versprechen“. Während der Veranstaltung kursierte eine Unterschriftenliste mit dem Titel „Ablehnung der Unterkunft“; viele Anwohner unterschrieben. Eine Nachbarin lehnte höflich ab, „ich habe noch nicht ausreichend Informationen“.

Die Sorgen und Zweifel der Anwohner waren mannigfach, der Bedarf an Informationen hoch. Ob der Senat in Zusammenarbeit mit dem Bezirk eine weitere und größer angelegte Bürgerversammlung plant, war bis zum Redaktionsschluss nicht bekannt. Tonka Wojahn lud alle Anwesenden in die Sitzungen des Integrationsausschusses ein: Er tagt immer am vierten Mittwoch jeden Monats.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false