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Volker Hassemer.

© Thilo Rückeis

Geplante Großmarkthalle: Schlichten statt streiten

"Moabit 21": Nachdem der Streit um das Großmarktprojekt in Moabit schon seit über einem Jahr schwelt, soll nun der ehemalige Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer zwischen Investor und Anwohnern vermitteln.

Beinahe könnte man bei diesem Projekt von „Moabit 21“ sprechen. Zwar ist Moabit nicht Stuttgart und ein umstrittener Gastronomiegroßmarkt kein tiefergelegter Bahnhof. Doch der Vergleich ist nicht vollends aus der Luft gegriffen. Am Montagabend hatte bei diesem Vorhaben in Moabit ein „Schlichter“ seinen ersten Auftritt, der ehemalige Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer, Christdemokrat wie Heiner Geißler. Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) will sich zu dem Projekt vorerst nicht mehr äußern.

Der Streit schwelt seit über einem Jahr. Anwohner der Siemensstraße und engagierte Moabiter Bürger wehren sich gegen einen Großmarkt für Restaurant- und Imbissbedarf. Von Pappschalen für Pommes bis zu frischen Hummern – 45 000 Artikel sollen angeboten werden. 300 Arbeitsplätze sind geplant, 25 Millionen Euro werden verbaut. Die Anwohner empfinden den Markt als großen Klotz, der gedankenlos in ihr Wohngebiet gewürfelt wird. Eine lange Pappelreihe soll abgeholzt werden, um Platz zu schaffen.

Es gab Ortsbegehungen, Podiumsdiskussionen, vertrauliche Gespräche zwischen den Kontrahenten im Bezirksamt, doch der Konflikt löste sich nicht. Gothe unterstützt das Vorhaben mit Nachdruck, weil er sich einen wirtschaftlichen Impuls für den Moabiter Norden verspricht. Das Bahngelände östlich der Beusselstraße liegt seit vielen Jahren brach. Der Verkauf an Hamberger ist zudem mit dem Prestigeprojekt Stadtgarten verknüpft, einem neuen Park, für den schon mehrere Millionen Fördergelder bewilligt wurden. Rund eine halbe Million Euro ist bereits in die Planung geflossen. Scheitert das Großmarktprojekt, ist auch der Stadtgarten in Gefahr.

Die BVV ist gespalten. Grüne und Linke lehnen das Projekt ab, die SPD ist dafür, die CDU schwankt noch. Volker Liepelt (Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Mitte) rief schließlich Hassemer an. Der machte sein Engagement davon abhängig, dass der Investor und der zuständige Stadtrat mit am Tisch sitzen, was ihm zugesichert worden sei. Hassemer ist die Idealbesetzung für diesen Job, denn er spricht sich für eine „neue Gesprächskultur zwischen Bürgern und Entscheidern aus“. Die üblichen Beteiligungsverhältnisse reichten da nicht aus, sagt er und erinnert an das „Stadtforum“. Den Gesprächskreis installierte er in seiner Zeit als Senator, und dort wurden etwa die Berliner Bahnhofsplanung und der Wettbewerb für den Potsdamer Platz diskutiert – bevor Beschlüsse der Verwaltungen fielen. „Das hat die Planungen erheblich beschleunigt“, sagt Hassemer.

Die Projektkritiker wird Norbert Onken vertreten, Mitglied im Quartiersrat von Moabit-West und Anwohner. Onken ist noch kein Wutbürger, hat aber rhetorisch draufgesattelt. „Das Vorhaben sprengt alle Dimensionen. Von Anfang an wurden bei der Planung Fehler gemacht“, sagt er. Der Großmarkt würde die Lebensqualität im Problemkiez Moabit-Nord weiter schmälern und die letzten Mittelstandsbürger vertreiben. Mit Hassemer als Vermittler ist Onken einverstanden: „Ist ein kompetenter Mann.“

Der Investor aus München ist vom Widerstand überrascht. Obwohl die Pläne überarbeitet wurden, gebe es keine offizielle Stellungnahme der Bürgerinitiative, sagt Projektsteuerer Thomas Dacke. Nach zunächst geplanten 1,5 Metern ist die Markthalle nun drei Meter von der Grundstücksgrenze weggerückt. Statt Fassadengrün soll eine neue Baumreihe die 130 teilweise pilzbefallenen Pappeln ersetzen. Die Gegner fordern einen Abstand von zehn Metern – „unzumutbar“ für den Projektsteuerer. Ob es weitere Vermittlungsrunden geben wird, ist offen. Viel Zeit bleibt nicht. Im Februar soll die BVV über das Projekt entscheiden.

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