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Beim Thema Bleiberecht für die Flüchtlinger der Ohlauer Straße teilt Grünen-Parteichefs Cem Özdemir nicht die Meinung von Simone Peter.  

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Update

Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg: Özdemir: "Staatliches Gewaltmonopol kann nicht durch Kapuzenträger ersetzt werden"

Simone Peter, Bundesvorsitzende der Grünen, hatte sich für ein Bleiberecht der Flüchtlinge aus der Ohlauer Straße ausgesprochen. Parteikollege Cem Özdemir ist da anderer Meinung. Für Sonnabend ist erneut eine Demo angesagt.

Nach dem Kompromiss im Streit um die besetzte Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule spricht der Bezirk nun bereits mit potenziellen freien Trägern eines Flüchtlingszentrums, das in dem Gebäude entstehen soll. Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) will zunächst Fragen zu Frauen- oder Ruheräumen klären, bevor tatsächliche Umbauten starten können. „Bevor man baut, sollte man gründlich nachdenken“, sagte er am Freitag. Als Träger ist das Diakonische Werk, das die Flüchtlinge bereits mit Nahrungsmitteln versorgt, im Gespräch.

Die Aufräumarbeiten in dem nur noch teilweise besetzten Gebäude gehen in der Zwischenzeit weiter. Alte Sofas und Matratzen werden entsorgt, Mitarbeiter des Bauamts sichern das Gebäude, der Einbau neuer Duschen war für Freitag vorgesehen. Ein Mannschaftswagen der Polizei sichert das Tor, auf dem Schulgelände selbst wacht ein Sicherheitsdienst darüber, dass nur Personen mit einem Hausausweis hineinkommen. Am Tor versuchen einige Flüchtlinge vergeblich, an ihr Gepäck auf dem Areal zu kommen. Laut Polizeisprecher Stefan Redlich sichern etwa 30 Beamte das unmittelbare Umfeld der Schule, weitere 90 Polizisten fahren Streife in den umliegenden Straßen.

Nach der Einigung an der Gerhart-Hauptmann-Schule beginnen nun die Aufräum- und Bauarbeiten.
Nach der Einigung an der Gerhart-Hauptmann-Schule beginnen nun die Aufräum- und Bauarbeiten.

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Zur Frage, ob sich der Bezirk an den Kosten des mehr als fünf Millionen Euro teuren Polizeieinsatzes beteiligen müsse, will sich Redlich nicht äußern. „Wir schreiben hier nur die Kosten auf“, sagte er. Die Innenverwaltung des Senats klärt inzwischen die juristische Lage, nachdem Staatssekretär Bernd Krömer (CDU) eine Beteiligung des Bezirks für „möglich“ erklärt hatte. „Die Fachabteilungen prüfen dieses Vorgehen zur Zeit“, heißt es bei der Innenverwaltung. Sascha Langenbach, Sprecher des Bezirksamts, hält diese Option dagegen für „unrealistisch“ und vergleicht den Einsatz mit der Sicherung eines Fußballspiels oder einer Demonstration. „Wir leisten uns eine Polizei für polizeiliche Maßnahmen“, sagte er.

"Es wäre ungerecht, jetzt eine Gruppe aufgrund der aktuellen Situation besonders zu behandeln"

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir kritisierte im taz-Interview den massiven Einsatz von Polizeikräften und die damit verbundenen Eingriffe in das öffentliche Leben im Gebiet um die Ohlauer Straße. Grundsätzlich verteidigte er aber die Anwesenheit der Polizei: „Ist es (…) notwendig, dass die Polizei den Eingang zur Schule sichert? Eindeutig ja. (…) Die Polizei gehört zu einer Demokratie dazu. Die muss an der Schule dafür sorgen, dass kein rechtsfreier Raum entsteht. (…) Es gibt ein staatliches Gewaltmonopol, das kann nicht durch Kapuzenträger ersetzt werden.“ Zwar sei der politische Protest wichtig und brauche seinen Raum. „Die Gefahr ist aber da, dass das Signal gesetzt wird, wenn du Dächer besetzt und mit Selbstmord drohst, dann erreichst du mehr. Das kann nicht die Botschaft sein“, so Özdemir weiter. Man habe nicht nur eine Verantwortung für die Flüchtlinge, sondern auch für die Anwohner. „Das blenden einige aus der selbsternannten Soli-Szene komplett aus.“

Simone Peter, Bundesvorsitzende der Grünen, hatte indes ein Bleiberecht für die Flüchtlinge der Ohlauer Straße gefordert. Özdemir rudert zurück: „Es wäre ungerecht und das falsche Signal, jetzt eine Gruppe aufgrund der aktuellen Situation besonders zu behandeln. (…) Ich habe große Sympathien für die Forderung nach einem Bleiberecht. Ich wage nur zu sagen, dass ich nicht sehe, dass Berlins Innensenator Henkel und der Bundesinnenminister sie in absehbarer Zeit erfüllen wird.“

Ein Protestzug unter dem Motto „Bleiberecht für alle“ führt am Sonnabend um 14 Uhr vom Hermannplatz übers Kottbusser Tor zum Oranienplatz. Dazu aufgerufen haben Bewohner der Hauptmann- Schule, Flüchtlingsorganisationen, Gewerkschafter und linke Gruppen.

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