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Berlin: Gericht: Arbeitsagentur darf Geld nicht kürzen

Nicht jeder Verstoß gegen frühe Meldepflicht bei Jobverlust rechtfertigt weniger Leistungen

Das Berliner Sozialgericht hat gestern in mehreren Fällen die Kürzungen beim Arbeitslosengeld nach einer verspäteten Meldung bei der Arbeitsagentur als unrechtmäßig zurückgewiesen. Damit gab das Gericht den Klagen von Betroffenen gegen Berliner Arbeitsagenturen statt. Im Zuge der Hartz-Reformen müssen sich Arbeitnehmer seit Mitte des vergangenen Jahres bereits dann bei der Arbeitsagentur melden, wenn sie erfahren, dass sie ihren Job verlieren. Das heißt, dass sie sich „unverzüglich“ innerhalb von sieben Tagen bei der Agentur als „arbeitssuchend“ registrieren lassen müssen. Seitdem reicht es nicht mehr aus, zu warten, bis die Kündigung vorliegt. Das Sozialgesetzbuch sieht bei Verstößen Kürzungen des Arbeitslosengeldes bis zu 1500 Euro vor.

Nach Auskunft des Sozialgerichts sind in Berlin derzeit etliche Klagen gegen Leistungskürzungen anhängig. In 17 Fällen sind die Arbeitsagenturen in Berlin und Brandenburg bisher in Berufung gegangen, teilte der Sprecher der Regionaldirektion für Arbeit, Olaf Möller, mit. Eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundessozialgerichts steht noch aus.

Das Gericht gab gestern unter anderem einer 21-jährigen Frisörin Recht. Diese hatte sich darauf berufen, dass sie zu dem Zeitpunkt schwanger gewesen sei und aus diesem Grund auch bei einer rechtzeitigen Meldung keine Stelle erhalten hätte. Dieser Auffassung schloss sich das Gericht an. Deswegen habe die Frau nicht grob fahrlässig gehandelt.

In einem weiteren Fall entschied das Gericht zu Gunsten einer 43-jährigen Empfangssekretärin. Auch dieser Frau war das Arbeitslosengeld um einige hundert Euro gekürzt worden, weil sie sich früher hätte melden müssen. Sie hatte sich sieben Monate vor ihrer Entlassung an die Agentur gewandt. Diese vertrat aber die Auffassung, dass dies 48 Tage zu spät gewesen war. Die Frau hatte aber in dieser Zeit noch andere Angebote des Unternehmens geprüft. Wie der Sprecher des Sozialgerichts, Hans-Christian Helbig, sagte, vertrat in diesem Fall die Kammer die Meinung, dass es durchaus auch ausreichend gewesen wäre, wenn sie sich drei Monate vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses gemeldet hätte. Innerhalb dieses Zeitraums müssen sich nämlich nach den Regelungen des Sozialgesetzbuches Beschäftigte, deren Arbeitsplatz befristet ist, melden, bevor ihr Job ausläuft. Nach Auffassung des Sozialgerichts kann sich aber niemand mehr bei einer verspäteten Meldung darauf berufen, von dieser Vorschrift nichts gewusst zu haben.

Mit der schnellen Registrierung bei den Arbeitsagenturen sollten nach den Vorstellungen der Bundesregierung die Chancen verbessert werden, Betroffene rascher wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Vorgesehen ist dabei auch, Zeiten der Freistellung vor der Kündigung für weitere Qualifizierung zu nutzen.

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