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Frust und Wut. Die aus ihren Ateliers vertriebenen Künstler rüttelten am Donnerstag an den neu aufgestellten Absperrgittern und gerieten teils heftig mit den Sicherheitsleuten aneinander. Foto: dpa

© dpa

Gerichtsvollzieher vor der Tür: Dem Tacheles droht das Ende

Polizei und Sicherheitsdienst sperrten das Kunsthaus ab und bauten Schlösser ein Vertriebene Künstler und ihre Unterstützer bildeten eine Menschenkette und rangelten mit der Security.

Das Ende des Kunsthauses Tacheles rückt näher. Am Donnerstag sperrte Zwangsverwalter Holger Schwemer mit Sicherheitsleuten sämtliche Eingänge ab und kündigte sogleich eine Räumung an. Das Gebäude ist seither für Künstler und Touristen verschlossen, der private Sicherheitsdienst verwehrt ihnen den Zutritt. Während der Aktion gab es teils heftige Rangeleien zwischen Tacheles-Anhängern und den Security-Männern. Vor dem Gebäude demonstrierten am Nachmittag mehr als hundert Sympathisanten des alternativen Kunsthauses.

Im dritten Stock übergab der Vollzugsbeamte dem Zwangsverwalter Schwemer drei Räume, im vierten Geschoss eine Galerie mitsamt Ausstellung. Die bisherigen Nutzer könnten sich bei Schwemer einen Schlüssel abholen, um an die Flächen zu gelangen, heißt es auf einem Schild. Das Tacheles sei kein öffentlicher Ort. „Die aktuellen Nutzer (…) werden auf Räumung verklagt."

„Das wäre das Ende des Tacheles", sagte Sprecherin Linda Cerna, die selbst einen Schlüssel bekam. Etliche andere Nutzer meldeten sich hingegen nicht. Mit dem Schlüssel seien keinerlei Besitzrechte verbunden, betonte Zwangsverwalter Schwemer. Die Schlüssel-Taktik ist für ihn ein Instrument, um Klarheit darüber zu erlangen, wer die Flächen benutzt, um dann gegen diese Personen Räumungstitel erwirken zu können.

Bisher hatten immer wieder neue Künstler Ansprüche auf Flächen gestellt, was eine Räumung erschwerte. Der zuständige Gerichtsvollzieher sollte deswegen den Besitzstand im Haus klären. Sämtliche existierenden Mietverträge mit Künstlern sind laut Schwemer ungültig, weil diese mit dem längst insolventen Tacheles-Verein abgeschlossen worden seien.

Tacheles-Sprecherin Cerna kritisierte die Aktion als unrechtmäßig und versuchte, eine einstweilige Verfügung gegen das Vorgehen zu erwirken – die zuständige Richterin war aber nicht mehr zu erreichen.

Am Nachmittag weigerten sich noch etwa 20 Künstler in den oberen Stockwerken, das Haus zu verlassen. Auf dem Bürgersteig protestierten Sympathisanten mit Sprechchören gegen die Vorgänge. Die Polizei war mit 30 Beamten vor Ort, um den Gerichtsvollzieher bei der Feststellung von Personalien zu unterstützen und mögliche Störungen zu vermeiden, sagte ein Polizeisprecher.

Vereinzelt wurden nach Angaben von Augenzeugen Künstler aus dem Haus getragen. Bei den Rangeleien vor der Tür geriet eine 22-jährige Frau, die sich offenbar den Zugang zum Haus erzwingen wollte, heftig mit dem Sicherheitsdienst und der Polizei aneinander. Ihr droht nun ein Verfahren wegen Widerstands und Landfriedensbruch. Zahlreiche Unterstützer rund um Tacheles-Vorstand Martin Reiter bildeten eine Menschenkette vor dem einstigen Kaufhaus, das nach der Wende von Künstlern besetzt wurde. Erst am Mittwoch hatten zahlreiche Tacheles-Künstler vor dem Roten Rathaus für die Erhaltung des Hauses demonstriert.

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